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Elektronik-Sonderlinge

■ Technoklangforschungen aus Chemnitz: das neue experimentelle Label Rastermusic/Noton

Musik, Kunst und Label verschmelzen bei der Chemnitzer Minimaltechno-Werkstatt Rastermusic und dessen Ableger Noton zu einer hybriden Plattform, bei der die Trennlinie von künstlerischer Aktivität und ökonomischer Logik weitestgehend verwischt wird. Frank Bretschneider und Olaf Bender haben Rastermusic ins Leben gerufen, um international produzierter, minimalistischer Elektronik ein Forum zu bieten und die eigenen Klangforschungen möglichst unabhängig betreiben zu können. Vor allem Bretschneider hat sich mit seinen, unter den Synonymen Komet und Produkt veröffentlichten Platten einen Namen gemacht.

Eine ähnliche Idee der Vernetzung auf verschiedenen Ebenen, verfolgt auch Carsten Nicolai, der mit seinem Label Noton kurzerhand bei Rastermusic ankoppelte, womit ein regelrechter Firmenverbund entsanden ist. Nicolai, der mit einer Installation auf der letzten documenta seinen Beitrag zur Record-art lieferte, war es auch, der das elaboriert Konzeptuelle der Chemnitzer Klangschmiede vorantrieb.

So gibt es von ihm eine Kollektion mit Loops in der Endlosrille, die die Logik von repetitivem Elektronik-Minimalismus durch das Auflösen von Anfang und Ende in der endlosen Wiederholung auf die Spitze treibt. Ein sicheres Händchen für ungewöhnliche Konzepte hat er auch mit seiner Serie „20 to 2000“ bewiesen, die sogar dem Millennium-Quatsch noch etwas Interessantes abzugewinnen weiß. Zwölf Minimal- Elektroniker von internationaler Provenienz, große Namen wie der Kölner Wolfgang Voigt und Mika Vainio von Panasonic sind dabei, haben Tracks mit exakt 20 Minuten Spielzeit abgeliefert, die monatlich veröffentlicht werden. Die Idee dabei ist, in Form eines CD- Magazins den Abstraktionsgehalt avancierter elektronischer Musik kurz vor der Jahrtausendwende zu dokumentieren.

Vielleicht wirkt die audiovisuelle Konzeptkunst von Rastermusic/Noton ein wenig kopflastig und angestrengt. Aber gerade im Elektronik-Underground liebt man eben ästhetische Selbstmystifizierungen, die dazu beitragen, einem Label eine bestimmte Identität zu verleihen. In New York, auf der Ars Electronica, in Japan und bei dem englischen Blättchen der Avantgarde-Hofberichtserstattung Wire kommt der Kunsttechno aus Chemnitz jedenfalls bestens an. Bloß hierzulande traut man sich bloß zaghaft an den Elektronik-Sonderling aus den Neuen Bundesländern heran. Doch das wird sich bald ändern, ganz bestimmt. Andreas Hartmann

Acts von Rastermusic/Noton: Heute abend Produkt/Noto (Carsten Nicolai) und 21.4. Komet/Signal, beide im Podewil, Klosterstraße 68–70

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