: Akademische Dreigroschenoper: Der Vorhang fällt
■ Universitäten einigen sich mit Radunski auf Etat bis 2002: Etwas mehr Geld und etwas weniger Studienplätze. Fugmann-Heesing will Mehrausgaben aus Kulturetat begleichen
Die Berliner Universitäten haben an Ostern mit dem Senat Frieden geschlossen. Nach monatelangen Verhandlungen mit Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU) haben die drei Uni-Präsidenten zähneknirschend die Verträge unterschrieben, die ihre Finanzen in den Jahren 2001 und 2002 regeln. Radunski habe „wesentliche Forderungen der Universitäten“ erfüllt, ließen die Hochschulchefs wissen. Trotzdem seien mit den zugesagten Geldern jene 85.000 Studienplätze „nicht zu halten“, die der Senat nach eigenem Bekunden langfristig in der Stadt erhalten will.
Erstmals werden die Hochschulen dafür belohnt, daß sie ihr Diätprogramm bisher brav eingehalten haben und bis zum Jahr 2000 auf durchschnittlich ein Drittel ihrer früheren Etats verzichten. Vom Jahr 2001 an soll daher Schluß sein mit dem Abspecken: Weitere Kürzungen, die für die Zeit bis 2003 bereits beschlossen waren, will ihnen Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) erlassen.
Trotzdem könnte das Wissenschaftsmenü nach der Jahrtausendwende noch dürftiger ausfallen. Das ist eine paradoxe Folge der universitären Personalautonomie: Anders als ordinäre Dienststellen des Landes müssen die Hochschulen für Gehaltserhöhungen ebenso selbst aufkommen wie für Beamtenpensionen. Und weil sich die meisten Westberliner Professoren, in den 70er Jahren berufen, in diesen Jahren aufs Altenteil zurückziehen, drohen ihre Pensionen die Uni-Etats aufzuzehren.
Radunski hat den Hochschulen jetzt versprochen, die zusätzlich anfallenden Ruhestandsbezüge vom Jahr 2001 an jeweils per Nachtragshaushalt zu übernehmen. Für all jene Professoren, die ihren Job bis zum 31. Dezember 2000 an den Nagel hängen, sollen die Universitäten aber weiterhin selbst aufkommen. Hier hat Radunski eine „schrittweise Übernahme durch das Land“ frühestens von 2003 an in Aussicht gestellt.
Auch eine zweite Kröte mußten die Uni-Präsidenten schlucken: Sie sollen 22,5 Millionen Mark an die Fachhochschulen abgeben, die von der Pensionierungswelle besonders stark betroffen sind. Dort sollen auf keinen Fall Studienplätze wegfallen, so hat es das Abgeordnetenhaus beschlossen. Die Fach- und Kunsthochschulen haben dieses Geschenk nicht verschmäht und ihre Verträge schon vor zwei Monaten unterschrieben.
Nach der Zustimmung von Freier, Technischer und Humboldt-Universität muß Radunski auf der Senatssitzung am kommenden Dienstag nur noch seine Kollegin aus dem Finanzressort von den Vorzügen der Verträge überzeugen. Und da muß er nicht nur als Wissenschafts-, sondern auch als Kultursenator taktieren. Denn Fugmann-Heesing hat zwar schon ihre Zustimmung zum Vertragspaket signalisiert, will ein Teil des Geldes aber aus dem Etat des geschlossenen Metropol-Theaters begleichen. Doch bislang hatte Radunski stets verkündet, er wolle die Operettenbühne im Herbst wiedereröffnen. Für die Uni-Präsidenten aber ist das Theater erst einmal zu Ende. rab
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