piwik no script img

Indien testet atomfähige Rakete

Trägersystem mit 2.000 Kilometer Reichweite könnte Ziele bis tief in China und vor allem in ganz Pakistan erreichen. Dort ist für morgen eine „Reaktion“ angesagt  ■ Aus Delhi Bernard Imhasly

Indien hat erfolgreich eine neue Version seiner Mittelstreckenrakete „Agni“ gezündet. Nach Angaben von Informationsminister Pramod Mahajan gelang der Testflug von der ostindischen Wheeler- Insel gestern „wie nach Drehbuch“. Er sprach von einer „historischen Errungenschaft“. Verteidigungsminister George Fernandes, der dem Start beiwohnte, meinte, in Zukunft werde es „niemand wagen, Indien zu bedrohen“. Mit einer Tonne Fracht beladen, hat die Rakete eine Reichweite von rund 2.000 Kilometern. Damit kann sie Ziele bis tief ins chinesisches Territorium und vor allem in ganz Pakistan treffen.

Neben einer älteren Version der Rakete mit einem Radius von nur 1.500 Kilometern, besitzt Indien noch die Kurzstreckenrakete „Prithvi“, die Luft-Luft-Rakete „Akash“, die Wasser-Luft-Rakete „Trishul“ und die Panzerabwehrrakete „Nag“. Die Bedeutung des Tests von „Agni II“ liegt darin, daß Indien nun über ein Trägersystem verfügt, daß auch einen nuklearen Sprengkopf transportieren kann.

Indiens Erzrivale Pakistan war bereits am Samstag über den bevorstehenden Test informiert worden. Damit wollte Indiens Regierung anscheinend verhindern, daß der neu begonnene Dialog zwischen beiden Staaten durch das Aufrüstungssignal – ein knappes Jahr nach den Atomtests – bedroht wird.

Pakistans Außenminister Sartaj Aziz sagte dennoch, er sei „enttäuscht und betroffen“ und kündigte für Dienstag eine „Reaktion“ an. Indiens Nachbar hatte vor genau einem Jahr die Mittelstreckenrakete „Ghauri“ getestet und damit die Entscheidung Indiens ausgelöst, Atomtests durchzuführen – was wiederum zu Pakistans Nuklearversuchen geführt hatte. Beobachter in Delhi schließen nicht aus, daß die pakistanischen Militärs nun mit dem Test einer erweiterten Version der „Ghauri“ antworten könnten.

Andere pakistanische Politiker reagierten jedoch mit Verständnis auf den indischen Testflug – ein Hinweis, daß sie es nun leichter haben werden, ihre eigene Weiterrüstung zu rechtfertigen. Am wenigsten Gefallen dürften die USA an dem gestrigen Test finden. Seit Monaten versuchen sie, Indien und Pakistan zu einer Einstellung ihrer Raketenrüstung zu bewegen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen