Christoph Biermann
: In Fußballand

■ Warum der Hund, der Friedel Rausch in den Arsch biß, völlig recht hatte

Heute würde ich gerne Wiglaf Droste sein oder auch Jürgen Roth, also über jenen Beißreflex und die Kieferkraft verfügen, mit der diese Meister des parteilichen Wortes nach all den Bösewichtern und Arschgesichtern schnappen, die unsere Welt zu einem solch anstrengenden Ort machen. Dann würde es hier ganz anders zur Sache gehen und am Ende gäbe es vielleicht noch eine Beleidigungsklage. Und zwar von Friedel Rausch aus Nürnberg.

Der nun ist Trainer des 1. FC Nürnberg, einem Club, der sich immer noch „Der Club“ nennt und einen Präsidenten hat, der wahrscheinlich auch gerne „Der Präsident“ genannt würde. Dieser Michael A. Roth wird in den abgelegenen Regionen in der Nähe des ehemaligen Ostblocks immer wieder als Retter des gerade von Lügern und Betrügern in den Fast-Konkurs getriebenen sogenannten Clubs gefeiert. Dann darf er eine Zeitlang den größten Irrsinn veranstalten und dabei nußknackerhaft gucken, als könne er mit schnellen raspelnden Bewegungen seines Kiefers eine Tischplatte durchbeißen. Doch nicht um diesen Teppich-Totalitaristen soll es hier gehen, sondern um den von ihm bestallten Trainer Friedel Rausch.

Der kommt aus dem Ruhrgebiet, wo er sich mit diesem schulterklopfenden „Ich bin einer von euch“ bewaffnet hat, mit dem er überall auftritt. Passend dazu war es der Höhepunkt seiner Spielerkarriere, daß ihm irgendwann in den sechziger Jahren in Schalke ein Schäferhund in den Arsch gebissen hat. Davon gibt es auch ein Foto, über das immer alle lachen, am lautesten bestimmt der Friedel Rausch selber.

Einen Hund hat Friedel Rausch heute übrigens selbst. Der spielt immer eine Rolle, wenn der Trainer sich mal menschlich zeigen will. Dann redet er also von seinem Hund, seiner Frau oder seiner Schwiegermutter und bringt sie gerne auch in Ihr Fernsehstudio mit. Schließlich weiß der Friedel, wo Gefühle hingehören, nämlich in die Öffentlichkeit. Besonders wenn man einen neuen Vertrag braucht. Also hat er ein bißchen nah am Wasser gebaut, wie wir im Ruhrgebiet sagen, und heult im richtigen Moment los oder wischt sich auch mal Tränen weg, die es gar nicht gab. Der Friedel weiß eben, wie das Spielchen geht.

Neulich haben ihn die Fans von Borussia Mönchengladbach, diese, es tut mir leid, es sagen zu müssen (Droste und Roth würden sich nie entschuldigen), kompletten Dummköpfe, in Verkennung aller Tatsachen gefeiert. Als besten Mann der Welt sogar, weil sie ihn für einen der ihren halten. Dabei hat der Mann seinen Teil der Autorenschaft am Untergang ihrer Borussia.

Das ist den Verantwortlichen am Bökelberg so peinlich, daß sie sich nicht einmal heute trauen, laut darüber zu sprechen. Weil in der letzten Saison außer Rausch niemand ihren Club übernehmen wollte, er dann noch die Rettung schaffte – und man ihn nicht mehr loswurde. In der Folge gab es eine Saisonplanung in Agonie, Spielereinkauf per Zufallsgenerator, und prompt war alles bereit fürs jetzige Desaster.

Das könnte einem egal sein. Auch könnte man sich einfach darüber amüsieren, daß Rausch im späten Spätherbst seiner Karriere noch einen ahnungslosen Teppich-Tycoon gefunden hat, der ihm seinen Club genannten Club anvertraut. Soll er doch diesen strunzlangweiligen Fußball kicken lassen, der eigentlich nicht unter Abstieg bestraft werden dürfte und dessen Qualität Günther Koch, die Wahrheit sprechende Stimme des FCN, längst hochbedenklich findet.

Und soll der alte Haudegen doch weiter seine Spieler mit landserhaften Durchhalteparolen peitschen, die die Begriffe „Herzblut“ und „durchs Feuer gehen“ beinhalten, wie zuletzt nach dem 0:0 in Stuttgart. Und dann wieder anraunzen, daß sie wie Schwule schießen.

Soll er doch.

Wenn da bloß nicht diese extrem lächerliche von Schalke- nach-Chamonix-Sonnenbrille wäre, mit der Friedel Rausch im aufkommenden Frühling unser Auge beleidigt. Spätestens damit ist dann fraglos bewiesen, daß der Hund von Schalke völlig recht hatte.