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„Als würden die Organe platzen“

Abgeschobener Kurde berichtet von Folter in der Türkei; GAL weiß von weiteren 30 Fällen. Hamburg weist dennoch weiter aus  ■ Von Marco Carini

Zahlreiche Atteste türkischer und deutscher Ärzte belegen es: Nur mit Glück überlebte der Kurde Mehmet Yilmaz* die Folter durch die türkische Geheimpolizei, an die ihn gesundheitliche Schäden noch Jahre erinnern werden. Nicht möglich gewesen wäre diese Tortour ohne die Mitwirkung der Hamburger Ausländerbehörde.

Die schickte Yilmaz auf die Reise, die für ihn fast ein Trip in den Tod geworden wäre. Mit der Begründung, daß er als nicht politisch organisierter Kurde in der Türkei kaum gefährdet sei. Zudem gäbe es eine „inländische Fluchtalternative“, da Kurden im Nordwesten des Landes nicht verfolgt würden.

Yilmaz mußte da ganz andere Erfahrungen sammeln. Nachdem er am 26. Juni 1998 in einen Flieger nach Istanbul gesetzt worden war, wurde er direkt nach Verlassen des Flughafens von der türkischen Geheimpolizei in ein Kellerverlies verschleppt. Dort wurde er aufgefordert, zuzugeben, daß er Mitglied der Kurdenpartei PKK sei. Als Yilmaz sich weigerte, erhielt er einen Fausthieb in den Magen.

Dann wurden Elektroschocks durch seinen Körper geleitet („Ein Gefühl, als würden mir alle Organe wegplatzen“), seine Fußsohlen erst blutig geschlagen und dann mit Wasser-Hochdruck traktiert. Yilmaz: „Ich flehte meine Peiniger an, mich zu töten. Sie antworteten nur: Wenn Du keine Namen von PKK-Aktivisten nennst, wirst Du sterben – langsam und qualvoll“.

Nach weiteren Mißhandlungen verlor Yilmaz die Besinnung. Halbtot wurde er später von einem Autofahrer am Straßenrand entdeckt. Inzwischen ist Yilmaz wieder in Hamburg. Weil die Folter-Spuren noch heute sichtbar sind, „genießt“ er mittlerweile Asyl.

„Der Fall beweist, daß abgeschobene Kurden nirgendwo in der Türkei sicher sind und nicht nur politisch aktive Personen von der Folter bedroht sind“, kommentiert die flüchtlingspolitische Sprecherin der GAL, Susanne Uhl. Die Mißhandlung ist „kein Einzelfall“, betont ihre Parteikollegin Amke Dietert-Scheuer. Die Hamburgerin, die bis 1998 im Bundestag saß, hat mehr als 30 Fälle von aus Deutschland ausgewiesenen Kurden dokumentiert, die nach ihrer Abschiebung gefoltert wurden. Doch auch sie seien „nur die Spitze des Eisberges, da die meisten Mißhandlungen nie ans Licht kommen“. Zudem habe sich die Lage nach der Verhaftung von PKK-Chef Abdullah Öcalan noch verschärft.

Für die Innenbehörde sind solche Schilderungen kein Grund, ihre rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Abschiebung von Kurden zu stoppen. „Aufgrund der Berichte des Auswärtigen Amtes müssen wir davon ausgehen, daß diesen Leuten nichts passiert – sonst könnten wir niemanden mehr abschieben“, skizziert Behörden-Sprecher Christian Holstein die Logik seines Arbeitgebers. Noch immer warten mindestens fünf Kurden in Hamburger Abschiebehaft auf ihre „Heimreise“.

Für Susanne Uhl sind weitere Abschiebungen „völlig inakzeptabel“. Da Gespräche zwischen der Ausländerbehörde und den Fraktionsspitzen von GAL und SPD „keine spürbare Veränderung bewirkt“ hätten, sei der Streit im rot-grünen Bündnis „längst nicht begraben“. Uhl: „Die GAL kann es nicht hinnehmen, daß Hamburg noch immer hochgefährdete Kurden abschiebt.“ *Name geändert

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