: Große Koalition vertagt Kita-Gesetz
■ Gesetzentwurf zum Rechtsanspruch im Kreuzfeuer der Kritik
Wütende Eltern machen sich nicht gut zur Wahlkampfzeit. Getreu diesem Motto kippte die Große Koalition gestern einen Gesetzentwurf aus dem Haus von Sozialsenatorin Tine Wischer (SPD). Mit einem neuen Landesgesetz wollte Bremen endlich auch den bundesweit seit 1. Januar 1999 geltenden Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz regeln. Aber der vorgelegte Entwurf schmeckte den JugendpolitikerInnen offenbar nicht: Er entpuppte sich jetzt als „schlankes Gesetz“, das „Kürzungen Tür und Tor“ öffnet, berichtet die grüne Frauenpolitikerin Maria Spieker.
Erstmal verschieben und ablehnen lautete also gestern im Jugendhilfeausschuß die Devise. Neben Wohlfahrtsverbänden hatte nämlich auch schon der Gesamtelternbeirat der Kitas Alarm geschlagen. Der Grund: Nur vier veranschlagte statt sechs Stunden Mindestbetreuung für die über Dreijährigen – und ein aus Sicht von Trägern, Eltern und den Grünen insgesamt durch und durch mangelhaftes Gesetzeskonstrukt. So fehlten „qualitative“ Standards für z.B. das Mittagessens oder die Arbeit der Heimleitungen im Vergleich zu anderen Bundesländern (z.B. Berlin) völlig.
Das bittere Fazit von grüner Seite: „Senatorin Wischer hat die Chance verpaßt, ihre Senatskollegen daran zu hindern, Kürzungen vorzunehmen“, bilanziert Spieker – und stattdessen ein reines „Organisationsgesetz“ gebastelt, das geradezu zu Kürzungen einlade. Zum Beispiel im Küchenbereich: „Wenn man nicht klar in das Gesetz hineinschreibt, daß die Kinder vorwiegend aus der eigenen Küche versorgt werden, fällt so etwas doch sofort hinten runter.“
Und gerade an solche Bereiche wollte die Große Koalition eigentlich heran. So steht seit Monaten das Ergebnis eines Organisationsgutachtens über die Kitas an, das wegen des neuen Rechtsanspruchs und der neuen Bremer Gebührenordnung Sparpotentiale im Kita-Bereich aufdecken sollte. Großer Knackpunkt dabei: Die Essensversorgung der Kita-Kinder, die aus Kostengründen auch von außerhalb organisiert werden könnte.
„Wir wollen jetzt erstmal auf die Ergebnisse dieses Kita-Gutachtens warten“, erklärte denn auch gestern SPD-Jugendpolitikerin Barbara Wulff vorrangig die großkoalitionäre Ablehnung des jetzigen Gesetzentwurfs. Daraus könnten sich ja noch „weitere Dinge“ ergeben. Aber das würde dann wohl erst nach den Wahlen etwas werden. Denn auch das heikle Kita-Gutachten bleibt wohl wegen des elterlichen Zündstoffs bis nach den Wahlen unter Verschluß. kat
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