: Fensterrahmen aus dem Stadtforst
Das Hamburger Forstamt setzt einen lokalen Holzkreislauf in Gang ■ Von Christiane Tursi
Revierförster Bernd Schulze läßt seinen Blick prüfend am Stamm der 120 Jahre alten Douglasie hochwandern. Der mächtige Nadelbaum hat eine wulstige, weiche Rinde. Sein langes Leben hat er im Eißendorfer Forst verbracht und ist nun stark genug, um gutes Holz zu liefern. Bernd Schulze sprüht ein weißes Zeichen an den Baum: Die Douglasie darf gefällt werden. Diese Auswahl ist die erste Station im „lokalen Holz-Produktionskreislauf“, den das Forstamt der Hansestadt gestartet hat. Dezeit läuft ein erstes Probeprojekt.
Nicht in jeder Forstwirtschaft werden Bäume so sorgfältig zum Schlagen ausgewählt wie bei Schulze. Gewöhnlich wird großflächig gefällt – eine Tradition, die auf reine Holzproduktion ausgerichtet ist und auf den Lebensraum Wald keinerlei Rücksicht nimmt.
Im Hamburger Staatsforst wurden schon vor geraumer Zeit andere Saiten aufgezogen. Der Grundsatz der Nachhaltigkeit, das heißt, nur soviel Holz zu ernten, wie auch nachwächst, brachte der hanseatischen Waldwirtschaft voriges Jahr das internationale Gütesiegel des „Forest Stewardship Council“ für umwelt- und sozialverträgliche Holznutzung ein.
Die fängt schon beim Pflanzen an. Die Förster wählen heimische Baumarten; in die Eigendynamik des Waldwuchses soll möglichst wenig eingegriffen werden. Nur ungefähr fünf Bäume pro Hektar werden geschlagen; die meisten sind mehr als hundert Jahre alt. So haben die jüngeren genug Licht. Dadurch, daß nicht alle alten Stämme abgesägt werden, gibt es im Wald immer genug abgestorbenes Holz, und das wiederum ist wertvoll für Tiere, erklärt Schulze.
Die abgehackten Bäume – im ersten Testlauf rund 25 Kubikmeter aus dem Eißendorfer Forst – haben keine weite Reise vor sich. Sie werden ins Hamburger Sägewerk WOB transportiert. Von dort gelangen sie in die Hände des Harburger Fensterbauers Peter Menck. Er verarbeitet die heimischen Hölzer und hatte die Idee für den „lokalen Produktionskreislauf“. Auch eine zunehmende Zahl anderer Unternehmen, findet sich bereit, nach dem Umwelt-Gütesiegel zertifiziertes Holz in den Handel zu bringen. Denn hohe Importkosten für Hölzer aus den Tropen, den USA oder Kanada lassen sich so sparen.
Bevor aus den Stämmen Möbel werden, fahren die gefällten Douglasien einer der riesigen Sägemaschinen bei WBO entgegen. Davor schützt auch das Öko-Siegel nicht. Zu Brettern geschnitten läßt das feuchte Holz nun seine schöne Maserung erkennen. Förster Schulze hatte schon recht: „Das Produkt ist ja fast noch lebendig.“
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