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Schädliche Therapie

■ UKE-Strahlenskandal: Zwei Gutachter bestätigen fehlerhafte Behandlung

Die sogenannte „Sandwich-Methode“, mit der Darmkrebs-PatientInnen in den 80er Jahren am Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) behandelt wurden, hat eindeutig Strahlenschäden verursacht. Sie hätte zudem nicht angewendet werden dürfen, weil es sich keineswegs um eine Standard-Therapie handelte, sondern um ein Experiment, dessen Verträglichkeit nicht abgesichert war. Zu diesem Schluß kommen zwei medizinische Gutachter von den Universitäten Halle und Köln, die im Auftrag der Wissenschaftsbehörde ein Resümee aus 22 Einzelfällen im Rahmen des UKE-Strahlenskandals zogen.

Damit wird nun auch von gutachterlicher Seite bestätigt, daß es sich bei den 22 strahlengeschädigten PatientInnen, die zwischen 1986 und 1990 in der Radiologie des UKE behandelt wurden, keineswegs um bedauerliche Einzelfälle handelte, bei denen die Behandlung leider keinen Erfolg zeigte. Vielmehr wird die Methode als ganze diskreditiert: „Es besteht Einigkeit darüber, daß eine solche Therapie in ihrer Sicherheit hinsichtlich des Komplikationsrisikos nicht durch Daten der Literatur und auch nicht durch theoretische Berechnungen abgesichert war“, heißt es in dem Gutachten, das die Wissenschaftsbehörde gestern in Auszügen veröffentlichte.

Man habe aus den Einzelfällen eine „Bilanz“ ziehen wollen, so die Behörde. Für die PatientInnen ändere sich nichts. Sie gehörten zu der Gruppe der insgesamt 183 Personen, die von der Stadt im Rahmen des UKE-Strahlenskandals bereits mit 35 Millionen Mark entschädigt worden seien. Die Zwischenbilanz sei dem Wissenschaftsausschuß der Bürgerschaft zugeleitet worden.

Rechtsanwalt Wilhelm Funke, der die PatientInnen vertritt, erklärte gestern, „was in dem Gutachten steht, ist nichts Neues“. Zivilrechtlich seien die Gruppen zudem schon „weitestgehend entschädigt“. Das Gutachten bestätige lediglich „die verheerende Vorgehensweise von Professor Claus-Henning Hübener“. Dieser hatte als damaliger Chef der UKE-Radiologie die Anwendung der Sandwich-Methode verteidigt. Es sei „erschreckend, daß die Staatsanwaltschaft in keinem Fall Anklage gegen Hübener wegen fahrlässiger Tötung erhoben hat“.

Heike Haarhoff

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