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Herthas Lizenzprobleme

■  Weil Bundesligisten künftig keinen Unternehmensvertreter mehr im Vorstand oder Aufsichtsrat dulden dürfen, glühen jetzt die Drähte zwischen Hertha BSC und der Ufa-Zentrale in Hamburg

„Wir sehen der Sache gelassen entgegen“, meinte Hans-Georg Felder, Pressesprecher von Hertha BSC, vor der Tagung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) am vergangenen Wochenende in Frankfurt am Main. Wie viele Vereinsmeier hatte wohl auch der Berliner dem größtem Einzelsportverband der Welt so viel revolutionäre Wendigkeit nicht zugetraut: Der DFB beschloß überraschend, in den Führungsgremien der 36 Profivereine für „saubere“ Verhältnisse zu sorgen. Ein Bundesligist darf demnach künftig keinen Unternehmensvertreter mehr in Vorstand oder Aufsichtsrat dulden, dessen Firma auch zu Konkurrenzklubs wirtschaftliche Beziehungen unterhält. Damit solle bereits im Ansatz verhindert werden, daß – auf Druck des Kapitals – geheime Absprachen über Spielergebnisse den Ausgang der Meisterschaft manipulieren könnten. Ein Verein, der dagegen verstößt, verliert die Lizenz für die kommende Spielzeit 1999/2000.

Robert Schwan, Aufsichtsratschef bei Hertha BSC, schäumt nach dem Spruch aus Hessen vor Wut. „Das ist doch lächerlich“, schimpft er und will notfalls gerichtlich gegen den „Eingriff in die Autonomie der Vereine“ vorgehen. Die Berliner Elitekicker können als Hauptadressat der urplötzlich auf „Hygiene“ bedachten Verbandsfunktionäre gelten. Seit die Rechtemakler der Ufa 1994 im Olympiastadion eingestiegen sind und das finanziell arg leckgeschlagene Flaggschiff an der Spree mit bis dato rund 30 Millionen Mark wieder fahrtüchtig machten, argwöhnen sie beim DFB, Hertha sei lediglich ein verkapptes Adoptivkind der Bertelsmann-Tochter aus Hamburg. In der Tat halten im Aufsichtsrat drei Ufa-Manager um Top-Bertelsmann Rolf Schmidt-Holtz die Fäden in der Hand. „Mir graut vor einer Bundesliga, in der auswechselbare Agenten die Vereinsgeschicke übernehmen“, wettert etwa Werder Bremens einflußreicher Manager Willi Lemke, einer der Hauptbetreiber der „Säuberungsaktion“, der aus seiner Aversion gegen das mindestens bis ins Jahr 2009 dauernde Hauptstadt-Engagement der Ufa nie einen Hehl machte.

Herthas PR-Arbeiter Felder mag zwar recht haben, wenn er hinter der DFB-Initiative die üblichen Verdächtigen wie Lemke vermutet, „deren Vereine vermarktungsmäßig nicht so gut dastehen wie wir“. Aber trotzdem ist nicht von der Hand zu weisen, daß sich in der Wachstumsbranche Bundesliga seltsame Konstellationen gebildet haben – insbesondere im voll entbrannten Kampf um die TV-Vermarktung, die auf Druck der EU schon im Sommer von der DFB-Zentrale auf die einzelnen Klubs übergehen soll. So trifft Hertha BSC am 29. Mai, dem letzten Spieltag der laufenden Saison, auf den Hamburger SV. Wie es der Zufall will, steht auch der Alster-Klub unter Vertrag bei der Ufa, die dem HSV für den laufenden Neubau des Volksparkstadions eine Bürgschaft in Höhe von 230 Millionen Mark ausstellte. Im Vorstand des Hertha-Konkurrenten wacht Vizepräsident (und Ufa-Mann) Joachim Hilke darüber, daß mit der verbürgten Penunze aus der Konzernkasse kein Schindluder getrieben wird.

Das Horroszenario des DFB: Sollte Hertha vor der letzten Partie noch ein Sieg fehlen, um in die wirtschaftlich überaus lukrative Champions League Europas einzuziehen – was durchaus realistisch erscheint –, könnten die Bertelsmänner den Siegeswillen der Hamburger Mannschaft mit Absicht schmälern, um endlich die erste satte Ernte ihrer stattlichen Berlin-Hilfe einzufahren. „Das ist doch Blödsinn“, reagiert Felder ausgesprochen allergisch auf mögliche Manipulationsmotive und versichert: „Wenn ein Vertreter der Ufa zu unserem Trainer in die Kabine ginge und forderte, er solle absichtlich verlieren, dann schmeißt der ihn hochkantig raus.“ Mit verbalen Beteuerungen geben sich die Saubermänner im Verband jedoch nicht zufrieden. Nun glühen die Drähte zwischen Hertha und der Ufa-Zentrale in Hamburg, wie man dem Verein die Lizenz sichern kann, ohne daß dem Marketingpartner die Macht entgleitet. Ufa-Kollege Hilke beim Hamburger SV hat bereits durchblicken lassen, seinen ehrenamtlichen Fußballjob aufzugeben. Ähnliches wird auch von den drei „Ufas“ im Hertha-Aufsichtsrat erwartet. Jürgen Schulz

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