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„Kabila zu Verhandlungen bereit“

■ Interview mit Ernest Wamba dia Wamba, Präsident der Rebellenbewegung „Kongolesische Sammlung für Demokratie“ (RCD)

Die taz sprach mit Wamba in Ugandas Hauptstadt Kampala vor der Unterzeichnung des Kongo-Friedensabkommens in Libyen (siehe Kasten).

taz: Seit fast einem Dreivierteljahr führen Sie Krieg gegen die Regierung von Laurent Kabila im Kongo. Wie stellt sich jetzt für Sie die Lage dar?

Ernest Wamba dia Wamba: Auf dem Schlachtfeld sind wir obenauf. Die Regierung Kabila und ihre Verbündeten haben viele Schlachten verloren und befinden sich in einem raschen Zerfall. Wenn wir Mbuji-Mazi [wichtigster Ort der Diamantenförderung im Zentrum] und Mbandaka [m Nordwesten] einnehmen, wird das wohl entscheidend sein, und wenn kein Wunder geschieht, kann die Regierung zusammenbrechen. Kabila hat Orte für Direktverhandlungen vorgeschlagen, aber wir stellen fest, daß überall die Ernsthaftigkeit bezweifelt wird. Es ist jedoch klar, daß Kabila zu einer Art Verhandlung bereit beziehungsweise dazu gezwungen ist. Seine Verbündeten suchen nur noch nach einem gesichtswahrenden Weg zum Abzug.

Wollen Sie bis nach Kinshasa marschieren oder warten Sie darauf, daß Kabilas Seite von allein zusammenbricht?

Wir hatten immer eine Doppelstrategie. Einerseits sind wir immer zu politischen Verhandlungen bereit, weil politische Probleme politisch gelöst werden müssen. Aber wenn Kabila denkt, daß er einen militärischen Sieg haben kann, sollten wir ihm dies verweigern. Wenn das heißt, bis nach Kinshasa zu gehen, gehen wir dorthin. Das Wichtige aber ist der politische Sieg: Die Menschen organisieren, demokratische Prozesse einrichten, mit der demokratischen Opposition verhandeln – wie mit der von Étienne Tshisekedi, mit dem wir einen Austausch gehabt haben – und sich der Zivilgesellschaft öffnen, so daß die Machtergreifung von der Gesellschaft unterstützt wird.

Sollten Sie die Macht ergreifen, würde einmal mehr eine Regierung im Kongo von Uganda und Ruanda gestürzt worden sein, wie schon bei Kabilas Sturz von Mobutu 1997. Das mögen viele Kongolesen nicht. Stört Sie das?

Es gibt ein kontinentweites strategisches Interesse im Kongo. Am Sturz Mobutus war die gesamte Region beteiligt. Daher stiftet alles, was im Kongo passiert, in der Region entweder Einheit oder Spaltung. So kann dieser eigentlich interne Konflikt Nachbarländer beeinflussen. So werden Uganda und Ruanda hineingezogen. Wichtig ist, daß sich die Nachbarländer darauf konzentrieren sollten, den Kongolesen politische und militärische Fähigkeiten beizubringen, so daß die Kongolesen selber politische Stabilität entwikkeln können.

Während Ihres Besuches in Kampala hat Ugandas Regierungszeitung „New Vision“ berichtet, Sie hätten jetzt eine ugandische statt eine ruandische Leibgarde und Ihr Hauptquartier von Ruandas Goma nach Ugandas Hochburg Kisangani verlegt. Ist das eine politische Richtungsentscheidung?

Die Leute halten sich mit Äußerlichkeiten auf. Ich kann jede Leibgarde haben, die ich will, sogar eine kongolesische – die meisten sind sowieso Kongolesen. In Goma hatte ich Ruander, weil da Ruanda vorherrschend ist. In Kisangani habe ich Ugander, weil da Uganda vorherrschend ist.

Wenden Sie sich von Ruanda ab- und Uganda und seinem kongolesischen Verbündeten Jean-Pierre Bemba zu, der die im Norden des Kongo kämpfende Rebellengruppe „Kongolesische Befreiungsbewegung“ (MLC) führt und den Sie hier auch getroffen haben?

Das ist die Phantasie hiesiger Journalisten. Ich ging nach Kisangani, um Spannungen zu beseitigen. Es ist wichtig, daß die Leute sehen, daß ich mit Bemba reden kann. Es gibt keine Spaltung zwischen uns. Wir haben einen kontinuierlichen Dialog. Persönlich bin ich dafür, daß unsere Bewegungen zu einer Einheitsfront der bewaffneten Opposition gegen Kabila verschmelzen. Aber noch brauchen wir dafür vor allem in der RCD einen inneren Klärungsprozeß.

In Ihrer RCD gibt es Spannungen. Sie gelten als Vertreter eines „Reformflügels“ gegen die sogenannten Mobutisten, und manche sogenannten Demokraten haben die RCD wegen des Übergewichts alter Mobutu-Größen verlassen. Ist dieser Streit noch nicht ausgestanden?

Differenzen um die Natur unserer Bewegung werden bleiben. Sie ist vielfältig – einige waren gegen Mobutu, einige waren gegen Kabila, einige gegen beide. Wichtig ist, daß dies nicht zu Feindseligkeiten führt. Der Beste sollte siegen. Ein Flügel denkt, man kann politische Probleme autoritär lösen; der andere denkt, politische Angelegenheiten müssen politisch gelöst werden, daß wir nicht einfach Kinshasa erobern können und dann weitermachen wie vorher. Ich gehöre zu dem Flügel, der die Dinge demokratisch lösen will. Wenn ich also zum Präsidenten gewählt worden bin, müßte das heißen, daß die Übermacht des ersten Flügels nicht allzu lange anhält. Die Kongolesen werden den Sieg des demokratischen Flügels wünschen, weil er ihre Hoffnung auf Wandel verkörpert. Interview: Dominic Johnson

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