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Titanic: Wrack-Verwertung

Ein unsinkbares Geschäft – Die Ausstellung zu „Titanic“ surft mit auf der Welle des Filmerfolgs, doch so ganz scheint die Rechnung nicht aufzugehen  ■ Von Stefan Schmitt

Titanic-Poster hängen wieder in der Stadt, knapp anderthalb Jahre nach dem Start des elf Oscar-schweren Films: Rose und Jack, der Bug des Unglücksschiffes und der Schriftzug „Titanic Official Movie Tour“. Die Merchandising-Logik treibt seltsame Blüten: Die Ausstellung zum Film.

Die Exponate? Es gibt ein Paar Sachen zu sehen, mit denen „Titanic“ gedreht wurde: EinTrümmerfeld aus Meeresboden und Schiffswrack, ein Rettungsboot, einen Oldtimer, auch drei Kabinen-Kulissen werden ausgestellt und viele Kostüme. Wie die hölzerne Freitreppe des Schiffsfoyers ist nicht mehr alles die „echte“ Filmkulisse. Es gibt Video-Monitore, wo Schauspieler und Crew schlecht synchronisiert kleine Anekdoten zum besten geben. Und dann lädt ein Titanic-Bug aus Holz und Pappe ein: Dort kann sich jeder in der berühmten Filmpose von Jack und Rose fotografieren lassen. Als Rauswerfer dient das „Desaster Theater“, eine Art Kurz-Kino mit Windmaschine und Stroboskopen, wo im Zeitraffer noch einmal die Untergangsszene verwertet wird.

Dreißig Mark kostet der Spaß, für Jugendliche unter sechzehn die Hälfte. „Wenn man da mit einer großen Familie kommt, ist das schon sehr teuer“, gibt Projektleiter Lars Wismer zu. Für eine Familie mit zwei Kindern wären es 90 Mark. Dabei „sind Familien mit Kindern unsere größte Besuchergruppe.“ Einmal drinnen, lockt eine Caféteria zum Imbiß. Dazu kommt noch ein riesiger Merchandising-Bereich. Wer raus will, muß an den verschiedenen Verkaufsständen für Titanic-Souvenirs vorbei – sie sind in die Ausstellung integriert. „Irgendein Souvenir möchte jeder gern mitnehmen“, sagt Wismer. Eine Kassiererin berichtet, Matrosenkappen mit Logo zu 49,90 Mark seien der große Retter. Um rund die Hälfte lassen sich die Eintrittserlöse durch Andenkenverkauf und Restauration noch einmal steigern.

Allerdings läuft die „Official Movie Tour“ bisher sehr schleppend. „Relativ schwach“ war der Andrang am vergangenen Freitag zur Eröffnung. Am Wochenende kamen täglich keine 2.000 Titanimaniacs und nur gut 700 Besucher am Montag. So haben die Veranstalter ihre Erwartungen von ursprünglich 130.000 Besuchern auch schon nach unten korrigiert. Knapp 100.000 Besucher hatte man innerhalb von fünf Wochen in London. „In Berlin würden wir uns über 80.000 freuen“, so Lars Wismer. Bei sieben Wochen Ausstellungsdauer wären das immer noch rund 1.500 Besucher am Tag.

Schon werden Sonderaktionen an Wochentagen und ein ermäßigter Eintrittspreis für Familien erwogen, um mehr Menschen in die Titanic-Tour zu locken. Wismer: „Wir denken über ein Familientikket so um die sechzig Mark nach.“

Eine Ausstellung, die mehr als doppelt soviel Eintritt kostet wie der Film – für die großen Studios, wie 20th Century Fox im Falle von „Titanic“, ist das eine wenig aufwendige Maßnahme zur Gewinnsteigerung. Denn von den Veranstaltern kassiert Fox ohne großes Zutun satte Lizenzgebühren. Die offizielle Tour zum Film als Verwertungsschritt wie „Making of“-Videos und Kaffeetassen: Ein unsinkbares Geschäft.

„Titanic Official Movie Tour“, täglich 11 bis 19 Uhr, Messehalle 9 am Messedamm

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