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Glaspalast für umstrittenen Autofahrerbahnhof

■ Architekt Max Dudler baut Fernbahnhof Papestraße. Projekt kostet 640 Millionen Mark

Bahnreisende aus Richtung Süden werden ab dem Jahr 2004 unter einem Glasdom in die Stadt einfahren. Nach den Vorstellungen der Deutschen Bahn AG soll der zweitgrößte Bahnhof Berlins, der ICE-Haltepunkt Papestraße, nach den Entwürfen des Schweizer Architekten Max Dudler realisiert werden. Die Pläne für das Megaprojekt sehen vor, daß eine rund 400 Meter lange gläserne Haupthalle die vier Trassen für den Regional- und Fernverkehr überdacht.

Zugleich soll eine Passage unter der zweigeschossigen Halle die beiden Bezirke Schöneberg und Tempelhof miteinander verbinden. Westlich und östlich des Bahnhofs hat Dudler zwei riesige Parkhäuser für 2.500 Pkws sowie zwei 70 Meter hohe Hochhäuser angedockt, deren Fassaden ebenfalls transparent gestaltet werden.

Dudler ist gestern aus einem internationalen Bauwettbewerb als Sieger hervorgegangen. An dem von der Deutschen Bahn AG ausgelobten Verfahren hatten sich 20 Teams beteiligt. Der wegen seiner geplanten Parkhäuser umstrittene „Autofahrerbahnhof“ soll im kommenden Jahr begonnen werden. Mit der Fertigstellung des 640 Millionen Mark teuren Projekts rechnet die Bahn AG im Jahr 2003/2004.

Nach Ansicht von Ulrich Langner, Projektleiter bei der Deutschen Bahn AG, hat man den Dudler-Entwurf deshalb ausgewählt, weil dieser sich neben der vorgelegten Architektur für die Halle „insgesamt gut in den Stadtraum einfügt“. Gelungen seien ebenso die beiden weiten begrünten Vorplätze des Bahnhofs sowie die Verküpfung der beiden Bezirke an dieser Stelle. Einen Wermutstropfen hatte Langner allerdings für Dudler: Der Architekt muß bei diesem Projekt mit dem Büro JSK Perkins & Will zusammenarbeiten, weil diese von der Bahn bereits mit der Generalplanung beauftragt worden seien.

Außerdem, so Langner, müßten die Reisenden damit rechnen, daß sich infolge des erst jetzt initiierten Wettbewerbs die Fertigstellung über das Jahr 2003/4 hinaus verzögert. Ursprünglich sollte der Bahnhof bereits 2002 seinen Betrieb aufnehmen.

Kritik an der Terminplanung der Bahn, die insgesamt sechs neue Bahnhöfe in der Stadt baut, darunter den Lehrter Zentralbahnhof, äußerte gestern Hans Stimmann, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Die Bahn habe das Projekt vier Jahre lang nicht schnell genug vorangetrieben und es lange Zeit in einem „extrem unbefriedigenden Zustand“ belassen. Man sei „froh, daß nun endlich eine Entscheidung gefallen“ sei.

Die Bündnisgrünen des Bezirks Schöneberg übten gestern scharfe Kritik an den beiden geplanten Parkhäusern. Da der Bahnhof als Kreuzungspunkt von S-Bahn und Fernbahn eine gute Anbindung an das öffentliche Nahverkehrsnetz darstelle, seien die beiden Parkhäuser zu groß dimensioniert. Die jetzige Planung belaste den Stadtteil übermäßig mit Autoverkehr. Rolf Lautenschläger

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