: Friedensabkommen für Ost-Timor
Vertreter proindonesischer Milizen und der Unabhängigkeitsbewegung schließen ein Friedensabkommen, doch die Milizen werden nicht entwaffnet ■ Von Jutta Lietsch
Bangkok (taz) – Zeichen der Hoffnung oder zynisches Theater? Wenige Tage nachdem proindonesische Milizen in Ost-Timors Hauptstadt Dili Dutzende Menschen ermordeten, gaben sich ihre Führer gestern friedlich: Gemeinsam mit Vertretern der Unabhängigkeitsbewegung und des indonesischen Militärs versprachen sie, künftig „Haß, Einschüchterung und Terror zu beenden“.
Vor laufenden Kameras und unter den Augen von Friedensnobelpreisträger Carlos Belo und Armeechef Wiranto umarmten sich die Kontrahenten in der Residenz von Bischof Belo, nachdem sie die Erklärung der Gewaltlosigkeit unterzeichnet hatten. Zuvor hatte in Jakarta auch der Chef des osttimoresischen Widerstandsrates, Xanana Gusmao, den Appell in seinem Hausarrest unterschrieben. Wiranto, der am Dienstag abend in Ost-Timor eingetroffen war, kündigte an, er werde gegen jeden vorgehen, „der den Frieden verrät“.
Doch Skepsis ist angebracht: Bislang wurde kein einziger Verantwortlicher der blutigen Überfälle verhaftet. Die Friedenserklärung sieht auch nicht vor, die Milizen zu entwaffnen. Dabei besteht kein Zweifel, daß einige der Paramilitärs, die seit Monaten Angst und Schrecken in Ost-Timor verbreiten, vom indonesischen Militär trainiert, finanziert und bewaffnet werden.
Präsident B.J. Habibie und Wiranto können oder wollen sich offenbar nicht gegenüber den Falken in der Armee durchsetzen, die eine Unabhängigkeit Ost-Timors mit allen Mitteln verhindern wollen: Vor australischen Journalisten gab Habibie am Dienstag indirekt seine Machtlosigkeit zu. Auch für Wiranto sei es fast unmöglich, die Milizen zu zwingen, ihre Gewehre abzugeben, so Habibie: „Wenn man sie entwaffnen will, werden sie so wütend. Deshalb sage ich: Waffenstillstand. Legt die Waffen nieder und arbeitet zusammen für die Selbstverwaltung.“ Habibie bekräftigte sein im Januar gegebenes Versprechen: Falls die Osttimoresen die von Jakarta vorgeschlagene Autonomie ablehnen sollten, „werden wir uns friedlich, ehrenhaft und freundschaftlich trennen und als Nachbarn leben.“
Nach Ansicht Habibies sollten fünf Länder – Australien, die USA, Japan, die Philippinen und Deutschland als EU-Vertreter – an der Vorbereitung für die im Juli geplante Abstimmung der Osttimoresen über den Autonomieplan beteiligt werden. Eine ausländische Polizei- oder Militärpräsenz, die ein freies Votum garantieren könnte, lehnt er strikt ab.
Außenminister Ali Alatas will heute in New York mit seinem portugiesischen Amtskollegen über den Autonomieplan verhandeln. Die UNO hat die Annektion Ost-Timors 1976 durch Indonesien nie anerkannt und betrachtet Lissabon als rechtmäßigen Verwalter. Anfang der Woche hatte das indonesische Kabinett den Entwurf des Autonomieplans abgesegnet. Einzelheiten sollen am Freitag bekanntgegeben werden.
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