: Unterm Strich
Unterwegs zum Dritten Weltkrieg: Die „entsprechenden Pflöcke, die auf diesen Weg führen“, könne man jedenfalls schon sehen, meint Christoph Hein in seiner Eigenschaft als Präsident des Deutschen PEN-Zentrums. Gleichzeitig kritisierte er die Nato wegen ihrer Bombeneinsätze ohne UN-Mandat. Sie seien der Anfang vom Ende der Vereinten Nationen und könnten den mörderischen Nationalismus Serbiens nicht stoppen. Das erste Opfer des Krieges seien nicht Milosevic oder die mordenden Banden gewesen, sondern die serbische Opposition, die zum Schweigen gebracht wurde.
In seiner Eigenschaft als Schriftsteller – seltsame Koinzidenz der Ereignisse – wurde Hein unterdessen für sein Hörspiel „Zaungäste“ mit dem Hörspielpreis der Stiftung Kulturpflege und Kulturförderung der Sparkasse Neuss ausgezeichnet. Was es alles gibt, in Neuss und anderswo! „Zaungäste“, vom MDR produziert, beschreibt jenen Nachmittag im Mai 1968, als in Leipzig die alte Universitätskirche gesprengt wurde. Die wenigen Gäste eines Straßencafés hinter der polizeilichen Absperrung beobachten und kommentieren das Geschehen, bis ein Wasserwerfer der Polizei sie vertreibt.
Und noch mehr Preise: Der Berliner Regisseur Volker Koepp hat den Großen Preis des Dokumentarfilmfestivals „Visions du Reel“ im schweizerischen Nyon gewonnen. Den mit 15.000 Schweizer Franken dotierten Grand Prix erhielt Koepp für seinen Film „Herr Zwilling und Frau Zuckermann“, in dem er die letzten überlebenden Juden in Czernowitz in der heutigen Ukraine porträtierte. Der 130minütige Film ist auch für den Deutschen Filmpreis nominiert.
Bei den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen ist erstmals ein Musikvideopreis vergeben worden. Die Jury verlieh den „MuVi“-Preis für ein Musikvideo aus Deutschland an „Senosorama – Star Escalator“ der Regieduos Oliver Husain und Michael Klöfkorn. Die Auszeichnung ist mit 10.000 Mark dotiert. Damit soll die Bedeutung der Autoren, die die Formensprache der Clips rasant vorangetrieben haben, und die zunehmend experimentelle Formensprache des Genres, die in der Auseinandersetzung mit Musik, Videokunst und Film entstehe, hervorgehoben werden.
Bei so vielen Preisen und so dünner Nachrichtenlage darf das Bundesverdienstkreuz als krönender Abschluß nicht fehlen. Erich Loest darf es sich ab sofort ans Revers heften; am Freitag abend wurde es ihm im Plauener Rathaus von Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) überreicht. Applaus! Originell und kenntnisreich klingt auch die Begründung: Loest werde damit als einer der wichtigsten deutschsprachigen Schriftsteller der Gegenwart für sein umfangreiches literarisches Werk geehrt, teilte die sächsische Staatskanzlei mit.
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