: Die FeindInnen von nebenan
■ Auf den Flüchlingsschiffen in Neumühlen wehren sich viele serbische Roma dagegen, daß AlbanerInnen in der Nähe wohnen
In Jugoslawien sind sie Kriegsparteien. In Hamburg wird von den albanischen Kriegsflüchtlingen aus dem Kosovo einerseits und den serbischen aus den anderen Teilen Jugoslawiens andererseits verlangt, daß sie, im Schicksal vereint, konfliktfrei miteinander leben. Roma-familien aus Serbien, die auf dem Wohnschiff Bibby Challenge in Neumühlen untergebracht sind, haben sich nun dagegen ausgesprochen, daß die „Bibby Altona“, welche albanische Flüchltinge beherbergt, im Mai direkt nebenan vor Anker geht. Ein Treffen der BewohnerInnen mit dem Träger der Schiffe, dem Landesbetrieb „pflegen und wohnen“, platzte gestern an diesem Punkt.
Josef T., Sprecher der auf der „Bibby Challenge“ lebenden SerbInnen, betont, daß sie hier „ein friedliches Leben führen wollen“. Befürchtungen hegt er dennoch. „Dort sind wir voreinander geflüchtet“, betont er. „Hier sollen wir so tun, als wenn nichts wäre.“ Die Kinder zusammen auf dem Spielplatz, die Eltern in der Sonne auf dem Platz vor den Schiffen friedlich vereint.
Für Winfried Sdun von „pflegen & wohnen“ ist das „schwer nachzuvollziehen“: „Wir denken, daß die Flüchtlinge hier nicht das fortsetzen wollen, wovor sie dort geflohen sind“, hält er den Befürchtungen entgegen.
Zudem müßten die Familien auch nicht „auf engstem Raum“ zusammenleben, sondern „es liegen dann noch 50 Meter dazwischen“. Die Aufgabe von „pflegen & wohnen“ sei es, alle Flüchtlinge aufzunehmen, die nach Hamburg kommen. „Wir machen keine Politik, wenn wir Obdach für alle anbieten.“ Die Verantwortung dafür, inwieweit sich die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen vertragen, könne „nicht bei denen liegen, die Unterkunft gewähren“.
Doch die Vorbehalte zwischen AlbanerInnen und SerbInnen in Hamburg sind auch auf die städtische Politik zurückzuführen. Der größte Teil der Kosovo-AlbanerInnen, die seit den Nato-Bombardements auf Jugoslawien in die Hansestadt kamen, konnte schon nach drei Wochen von den Wohnschiffen in feste Unterkünfte umziehen – während die Romafamilien seit Monaten, etliche schon jahrelang, darauf warten, in eine eigene Wohnung oder zumindest etwa in ein Pavillondorf wechseln zu können.
„Es ist zur Zeit sehr schwierig, überhaupt Unterkünfte zu finden“, sagt Sdun dazu. Denn die Träger könnten Vorgaben machen, für welche Bevölkerungs-gruppen ihre Unterkünfte offen stehen. Den AlbanerInnen sind die BetreiberInnen offenbar derzeit gewogener als den SerbInnen, die schon länger in Hamburg leben. „Wir müssen den Mitarbeitern in den Landunterkünften deutlich machen, daß mehr Plätze für Roma-Familien zur Verfügung gestellt werden müssen.“ Elke Spanner
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