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Krieg und Tourismus

Spanien: Der Krieg im Kosovo läßt zunehmend Touristen auf die Ferienziele in Spanien ausweichen. Wegen des Konflikts auf dem Balkan überdenken viele Urlauber ihre Pläne und stornieren Reisen in andere Mittelmeerländer. Dies gelte nicht nur für Slowenien, Kroatien oder Griechenland, sondern teilweise auch für die italienische Adria, heißt es bei Veranstaltern. „Unser Land wird zur touristischen Zufluchtstätte“, sagt Jesus Martinez Millan, Präsident des Spanischen Reisebüroverbandes.

Besonders gefragt sind die Balearen. Auf Mallorca rechnet die Branche mit zehn Prozent mehr Besuchern. „Für Mai und Juni gibt es langsam keine Betten mehr, und unsere Erfahrung zeigt, daß die gesamte Saison ausgebucht sein wird“, sagt der Präsident des örtlichen Hotelverbands, Pedro Canellas. Umbuchungen hätten die große Nachfrage zusätzlich beflügelt. Für das gesamte Jahr werden auf Mallorca und den übrigen Balearen elf Millionen Touristen erwartet, sieben Millionen von ihnen Deutsche und Briten.

Die Spanier sind es im Gegensatz zu Briten oder Deutschen nicht gewohnt, ihren Urlaub weit im voraus zu buchen. Viele Hotels auf der Insel sind nach einem Bericht der Zeitung Diario de Mallorca dazu übergegangen, gebuchte, aber noch nicht bezahlte Plätze an deutsche und andere ausländische Reiseunternehmen zu vermitteln – zum Ärger der Veranstalter in Spanien. „Was bleibt uns denn noch?“ zitiert das Blatt Joan Bibiloni, der den größten Anbieter für den spanischen Markt vertritt.

Im ersten Quartal 1999 stieg die Zahl der Spanientouristen im Jahresvergleich um 15,2 Prozent auf 8,2 Millionen. Der März, in dem die Nato-Luftangriffe auf Jugoslawien begannen, schlug sich mit einer Steigerung um 16,6 Prozent nieder.

Italien: Seit Beginn des Kosovo-Krieges bleiben Touristen Italien fern. Im Hafen von Venedig habe man 170.000 Kreuzfahrtpassagiere weniger im Vergleich zum Vorjahr gezählt. In Apulien gingen die Buchungen für Hotelzimmer und Ferienhäuser im kommenden Sommer um 40 Prozent zurück. Die Region fertigt täglich nur noch 1.200 Fluggäste ab – vor dem Konflikt waren es viermal so viele. Insgesamt wird in Italien in diesem Jahr mit Tourismus-Umsatzeinbußen von 10 Billionen Lire, gut elf Milliarden Mark, gerechnet.

Negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt durch den Kosovo-Krieg spürt man vor allem an der gesamten Adria-Küste. Seit Beginn der Kriegshandlungen sei der Fischfang um 30 Prozent zurückgegangen, hieß es. Nach der Erweiterung des Risikogebietes auf 65 Seemeilen vor der jugoslawischen und albanischen Küste rechnen die Fischer sogar mit Einbußen von 65 Prozent. In der nordostitalienischen Region Friaul ist die Möbelindustrie betroffen. Dort wurden bislang Stühle aus jugoslawischem Buchenholz hergestellt. In Apulien müssen 3.000 Arbeiter aus der Schuhherstellung kurzarbeiten, weil seit Kriegsausbruch Aufträge ausbleiben.

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