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Generalstreik gegen Fujimori in Peru

■ Arbeiter, Oppositionelle und sogar Wirtschaftsverbände demonstrieren gemeinsam gegen die Politik von Präsident Fujimori. Trotzdem ist er so beliebt wie selten zuvor

Buenos Aires (taz) – Gegen die Wiederwahlgelüste des peruanischen Präsidenten Alberto Fujimori und seine neoliberale Wirtschaftspolitik fand am Mittwoch in Peru der größte Streik in dessen neunjähriger Amtszeit statt. Der Generalstreik wurde in allen großen Städten des Landes befolgt. Nach Gewerkschaftsangaben streikten landesweit 70 Prozent der Arbeiter. Auf Transparenten forderten die Demonstranten im Zentrum Limas „Nieder mit der Diktatur“. Denn der machthungrige Präsident läuft sich für eine dritte Amtszeit warm, obwohl ihm diese die Verfassung verwehrt.

Am Rande des Streiks gab es Scharmützel mit der Polizei, 45 Regierungsgegner wurden festgenommen. Zum Streik aufgerufen hatte ein breites Bündnis von Gewerkschaften, der Oppositionsbewegung „Demokratisches Forum“ bis hin zu Wirtschaftsorganisationen. Auch Limas Bürgermeister Alberto Andrade war dabei.

„Die Wahlkampagne von Fujimori ist bereits voll im Gang“, warnt César Rodriguez Rabanal, Präsident des Demokratischen Forums, der nächste Woche nach Bonn reisen will. Dort erhofft er sich politische Unterstützung für eine Demokratisierung. Es sei schwer „gegen den Koloß Fujimori und seinen Apparat anzutreten“, gibt Rodriguez Rabanal zu.

Doch Fujimori, der Kommunisten für den Generalstreik verantwortlich macht, ist trotz des Protests populär wie selten und bestens auf seine Gegner vorbereitet. Er hat das Wahlamt mit seinen Leuten besetzt und ließ die Richter entfernen, die eine weitere Wiederwahl als Verstoß gegen die Verfassung bezeichneten. Dabei ist die Verfassung eindeutig: Das Staatsoberhaupt darf nur einmal wiedergewählt werden. Doch der von Fujimoris Anhängern dominierte Kongreß hat eine „authentische Verfassungsinterpretation“ verabschiedet. Die zählt seine erste Amtszeit nicht, weil die jetzige Verfassung erst während Fujimoris zweiter Amtszeit in Kraft trat. 1992 putschte Fujimori gegen den Kongreß. Danach regierte er per Dekret. Erst auf internationalen Druck ließ er eine neue Verfassung ausarbeiten. Die begrenzt die Amtszeit des Präsidenten auf zwei Amtsperioden, die für Fujimori im Jahr 2.000 enden.

Hinter dem Präsidenten stehen vor allem die Ärmsten der Armen aus den Elendsvierteln. Fernsehkameras sind immer dabei, wenn Fujimori eine Schule oder eine Straße einweiht. Der Mann tut was, lautet seine Botschaft. Und die kommt an. Trotz Wirtschaftskrise vermittelt er, ohne ihn gäbe es keine Alternative. Einziger Gegenkandidat mit Chancen ist Andrade. Auch er ein Mann der Tat. Als Bürgermeister ließ er Limas historisches Zentrum, die Plaza de Armas, renovieren. Fujimori versucht ihm den Geldhahn zuzudrehen. Aber Andrade wies nach, daß er blockiert wird. Wirtschaftspolitisch steckt Fujimoris neoliberaler Marktradikalismus in einer Sackgasse. Dieses Jahr wird die Wirtschaft wahrscheinlich um drei Prozent schrumpfen. Eine Firma nach der anderen geht pleite. Die Weltmarktpreise für Perus Exportprodukte Kupfer, Zinn und Gold sind gefallen; die Fischereiindustrie leidet an den Folgen der Wetterveränderung „El Niño“. Ingo Malcher

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