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Hitze und Aggressionen steigen

■  Obwohl die makedonischen Flüchtlingslager hoffnungslos überfüllt sind, Epidemien drohen und die Nerven aller Beteiligten blank liegen, werden kaum noch Vertriebene in Länder außerhalb der Konfliktregion ausgeflogen

Im Zelt G-44 des makedonischen Flüchtlingslagers Brazda liegen die Nerven blank. Der Kosovo-Vertriebene Raza Gashi redet sich in Rage, weil für seine kranke Schwester keine schnelle Hilfe kommt. Sie liegt reglos am Boden. „Es wäre besser gewesen, im Kosovo zu sterben, als so zu leben“, schimpft Gashi. Der schmächtige, ältere Mann wird immer aggressiver. „Wenn keiner kommt, werden wir hier sterben.“

Während am Wochenende eine neue Welle Vertriebener aus dem Kosovo nach Makedonien und Albanien strömte, steigt die Spannung in den Lagern. Überbelegte Zelte, die stickige, brütend-heiße Luft unter den Planen und die schlechten hygienische Verhältnisse machen den Flüchtlingen zu schaffen. Die Lager sind überfüllt. Um warmes Wasser zu bekommen, haben die Kosovo-Albaner ihr eigenes System entwickelt. Plastikkanister werden auf Steinen in ein offenes Lagerfeuer gelegt.

In langen Schlangen warten die Flüchtlinge in Brazda mitunter Stunden auf Lebensmittel. In den vergangenen 24 Stunden seien etwa 8.400 registrierte Flüchtlinge nach Makedonien gekommen, berichteten die makedonischen Behörden am Sonntag morgen. Die Zahl der Menschen, die sich über die grüne Grenze retten, steige.

Am albanischen Grenzübergang Morina wurden stündlich etwa 1.800 Flüchtlinge gezählt, die zweitgrößte Zahl von Vertriebenen seit dem Beginn der Nato-Luftangriffe. Ein Flüchtlingstreck mit Zehntausenden von Menschen bewegte sich auf der Straße von Prizren im Süden des Kosovo zur albanischen Grenze.

„Wir haben absolut keinen Platz mehr, nicht einen. Die Leute müssen schon im Freien übernachten“, sagt die Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Makedonien, Paula Ghedini. Sie bestätigt die Spannungen in den Lagern. Ghedini: „Dabei hätten wir die Kapazitäten. Wir haben Zelte, wir haben Nahrung, aber wir haben absolut keinen Platz mehr.“ Der Aufbau neuer Lager muß erst von der makedonischen Regierung genehmigt werden.

Das Zeltdorf bei Cegrane, südlich von Tetovo, ist zunächst für 4.000 Vertriebene ausgelegt. „Dort sind inzwischen 13.000 Menschen“, sagt Ghedini. Trotz des sich anbahnenden Chaos werden die Flüchtlinge nicht wie geplant in Aufnahmeländer außerhalb der Balkanregion ausgeflogen. „An manchen Tagen geht es runter auf 600 Menschen, obwohl deutlich mehr ins Land kommen. Das ist nicht genug“, sagt Ghedini.

In Europa sollen 85.000 Kosovo-Albaner vorübergehend aufgenommen werden. Bis zum Wochenende wurden jedoch insgesamt weniger als 30.000 Vertriebene ausgeflogen. In den beengten Zelten und wegen der verschmutzten Toiletten wird die Gefahr von Epidemien nach Einschätzung des UNHCR immer größer.

Zef Gjergji wartet seit zwölf Tagen auf eine Ausreise aus dem Camp. Vorher hatte er sich drei Wochen mit seiner Familie in den Bergen im Kosovo versteckt, sagt er. Elf Menschen in einem kleinen Zelt, etwa zwölf Quadratmeter Platz. Das Zelt steht in der Nähe der Toiletten – in Riechweite.

Gjergji hat Verwandte im nahen Skopje, darf sie aber nicht besuchen. „Sie dürfen nicht rein, ich darf nicht raus. Wenn das hier noch drei Monate so weitergeht, werden wir die Nerven verlieren.“ Carsten Hoffmann, dpa

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