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Wie oft noch? Nato-Rakete trifft Zivilisten

■ Ein vollbesetzter Reisebus gerät in die Schußlinie, als die Nato eine Brücke zerstören will. Serben sprechen von 30 bis 60 Toten. Spanischer Minister: Bitte vorsichtiger fliegen

Brüssel/Belgrad (AFP/dpa/rtr) – Die Luftangriffe der Nato auf Jugoslawien haben am Wochenende erneut einen hohen Blutzoll unter der Zivilbevölkerung gefordert. Beim Angriff auf eine Brücke bei Luzani im Kosovo, nördlich der Stadt Prizren, wurde ein Bus getroffen. Eine Hälfte des Busses stürzte von der Brücke. Beide Hälften brannten völlig aus. Mindestens 34 Menschen sollen ums Leben gekommen sein, darunter 15 Kinder. Nach serbischen Angaben lag die Zahl der Opfer sogar bei 60 Personen. In einer schriftlichen Stellungnahme erklärte die Nato in Brüssel, der Bus habe die Brücke „unglücklicherweise“ unmittelbar „nach dem Abschuß der Waffe“ passiert. Es habe keine Absicht gegeben, „Zivilisten zu treffen“.

Serbische Stellen sprechen von mindestens 227 Zivilisten, die bislang bei Nato- Angriffen ums Leben gekommen sind. Immer wieder hat die Nato den Beschuß von Wohngebieten einräumen müssen. Am 12.April traf eine Rakete einen Zug auf einer Brücke im Süden Serbiens: 55 Tote, nach serbischen Angaben. Nur zwei Tage später bombardierte die Nato einen Flüchtlingskonvoi: 75 Tote, nach serbischen Angaben. Seit Beginn der Luftangriffe auf Jugoslawien am 24.März gab es insgesamt sechs folgenschwere Angriffe, bei denen zivile Ziele getroffen wurden.

Nato-Generalsekretär Solana sagte in einem Interview mit dem Spiegel, die Nato unternehme größte Anstrengungen, um Verluste unter der Zivilbevölkerung zu vermeiden. „Dieser Krieg wird in die Geschichtsbücher eingehen“, so Solana wörtlich, „als Krieg der geringen Verluste.“ Solana, der sich einen 68er nannte, verteidigte die Angriffe: „Ich bin überzeugt, dies ist ein gerechter Krieg.“ Die Nato stehe kurz davor, die Ziele ihrer „Luftkampagne“ zu erreichen. „Insofern befinden wir uns tatsächlich in der Schlußphase.“

Der spanische Außenminister Abel Matutes räumte dagegen Fehler bei der Planung und Ausführung der Nato-Operationen ein. In einem Interview vor der Zerstörung des Reisebusses forderte er die Piloten zu „mehr Vorsicht“ auf, um versehentliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung zu vermeiden.

General Klaus Naumann, scheidender Vorsitzender des Nato-Militärausschusses und ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr, hat am Wochenende die Schaffung eines Tapferkeitsordens für deutsche Soldaten im Kampfeinsatz angeregt. Der General wörtlich: „Das Eiserne Kreuz als Tapferkeitsauszeichnung hat eine gute Tradition in Deutschland seit den Befreiungskriegen.“

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