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Ballverlust

■  Plötzlich hat Murdochs Minisender TM3 die Champions League. RTL ist fußballfrei

Franz Beckenbauer, der von Fußball als purem Geschäftsbetrieb etwas versteht, hatte die schlichteste Erklärung: Das sei ein Vorgang, der, wie alles im Leben, von Angebot und Nachfrage geregelt sei. Dabei ist Beckenbauer durch den Gang der Marktwirtschaft immerhin einen lukrativen Job los: als Kommentator der Champions League bei RTL. Statt der mittwöchlichen Werbeverkaufsschau für die Ware Fußball muß der Sender künftig eigenproduzierte TV-Schmonzetten senden. Die Ufa hat die Senderechte für die künftig erweiterte Europaliga am Wochenende an den Minisender TM3 verkauft.

Angebot und Nachfrage: RTL hatte zuletzt rund 160 Millionen Mark pro Saison geboten, TM3, das seit Jahresende vom Medienmogul Rupert Murdoch kontrolliert wird, zahlt nun vier Jahre lang je 200 Millionen. Daß es außer bei RTL eine nennenswerte Nachfrage gab, hatten die RTL-Verhandler erst vor gut einer Woche erfahren. Wochenlang hatten die Uefa und ihre Schweizer Agentur Team die Rechte angeboten wie Sauerbier und Meldungen über angebliche Interessenten lanciert.

Die ganze Zeit wollte nur einer wirklich die Champions League: RTL – aber das partout nicht zu dem beharrlich verlangten Preis. Knapp 120 Millionen hat der Sender bislang für die Liga bezahlt, viel mehr sei auch die künftige Version nicht wert. Ein sattes zweistelliges Millionenminus hätte man schon bei dem gebotenen Betrag für das Produkt Champions League rechnen müssen, hatten die akribischen RTL-Kostenrechner kalkuliert. Mit Fußball kann angesichts der Rechtepreise schließlich kein Sender Gewinn machen. Aber für das Image als Sportsender seien die Spiele trotz der Kosten unverzichtbar, hatte es bislang bei RTL geheißen.

Bei TM3 hingegen gibt es bislang nicht einmal eine Sportredaktion. Die Station, die bislang von den Zuschauern kaum wahrgenommen wird, hatte sich anfangs sogar mit kecken Werbesprüchen über biertrinkende Fußballgucker profilieren wollen. Das war zu der Zeit, als TM3 noch „Frauensender“ sein wollen. Und Murdoch hatte TM3 vor allem gekauft, um den Bertelsmann-Konzern zu ärgern, weil der ihn beim Sender Vox (den sich beide teilen) nicht richtig machen läßt. Nun wird Murdoch den ganzen Laden dem Fußballcoup unterordnen: TM3 werde sogar in „Deutschland 1“ umbenannt, stand in Bild.

Beim RTL-Eigner Bertelsmann und seiner TV-Firma CLT-Ufa, wo man mit der Ware Fußball und Vereinsübernahmen von Hertha bis HSV groß rauskommen will, grollt man eher leise. Ob wohl die Uefa-Clubs schlucken würden, daß die Liga nun bei einem zuschauerschwachen Sender laufe, orakelte man dort. Mit Girondins Bordeaux gehört dem Konzern seit letzter Woche immerhin ein Champions-League-Kandidat, der der Uefa vielleicht das Leben schwermachen könnte. lm

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