piwik no script img

Künast bei Kandidatenkür einsame Spitze

■  Grüne ziehen mit Fraktionschefin Renate Künast an der Spitze in den Wahlkampf, Michaele Schreyer, Wolfgang Wieland und Sibyll Klotz sind auf vorderen Plätzen. Spektakuläres Ergebnis für Nachwuchstalent Özcan Mutlu

Die Grünen ziehen mit Renate Künast an der Spitze in den Wahlkampf. Die grüne Mitgliederversammlung kürte die 43jährige Fraktionschefin im zweiten Wahlgang mit 445 Stimmen zur Spitzenkandidatin. Bereits im ersten Wahlgang hatte Künast deutlich mehr Stimmen als Ko-Fraktionschefin Michaele Schreyer erhalten, verfehlte aber die Mehrheit um zwei Stimmen. Die dritte Kandidatin für den Spitzenplatz, Ida Schillen, war mit 87 Stimmen gänzlich chancenlos.

Künast hatte mit einer kämpferischen Rede den Saal für sich begeistert. Sie attackierte die CDU, warnte aber auch den Wunsch-Koalitionspartner SPD: „Mit den Berliner Grünen ist diese neoliberale Politik nicht zu machen.“ Die Ablösung der Großen Koalition sei überfällig.

Die Wahl der grünen Landesliste ist diesmal besonders kompliziert: Jeder dritte Platz geht nach der erstmals angewendeten Neuenquote an einen Parlamentsneuling. Zu beachten sind zudem die Frauenquote und die Herkunft aus dem Osten, auch wenn die Ostquote längst abgeschafft ist. Bei nur 20 sicheren Listenplätze werden „viele gute KandidatInnen hinten runterfallen“, sagte Landesvorstandssprecher Andreas Schulze zu Beginn.

Auf den ersten fünf Plätzen wurden die unumstrittenen FavoritInnen gewählt: Michaele Schreyer auf Platz zwei, Camilla Werner (Platz 3), Wolfgang Wieland (Platz 4), Sibyll Klotz (Platz 5). Auf Platz 6 hob sich der 31jährige Kreuzberger Özcan Mutlu mit einer fulminanten Rede von sieben Mitbewerbern ab. Mutlu gehört zu den jungen Migrantenpolitikern, die nicht auf dieses Feld festgelegt werden wollen. Er konnte sich gleich im ersten Wahlgang mit 276 Stimmen durchsetzen – ein spektakuläres Ergebnis für einen Parlamentsneuling. Auf Platz 7 traten die Abgeordneten Sybille Volkholz, Barbara Oesterheld, Ida Schillen, Alice Ströver, Jeannette Martins sowie die 27jährige Studentin Ulrike Gonzales an. Jeannette Martins machte schließlich im dritten Wahlgang das Rennen. Die Jugendpolitikerin aus Prenzlauer Berg lag mit 181 Stimmen aber nur knapp vor der Baupolitikerin Barbara Oesterheld, die 172 Stimmen erhielt.

Auf Platz 8 kam Verkehrsexperte Michael Cramer ohne Gegenkandidaten mit 249 Stimmen. Die Kandidatenkür wurde gestern bis in den späten Abend fortgesetzt. Die hinteren Plätze werden Ende Mai bei einer Landesdelegiertenkonferenz gewählt.

SPD-Spitzenkandidat Walter Momper begrüßte gestern die Wahl von Renate Künast. „Sie ist eine realistische und solide Politikerin“, sagte Momper gegenüber dpa. Momper kennt Künast aus der rot-grünen Koalition 1989/90, als er Regierender Bürgermeister und sie Fraktionsvorsitzende war. Künast habe ein gutes Profil und viel Erfahrung und werde die Fehler der ersten rot-grünen Koalition nicht ein zweites Mal machen.

Dorothee Winden

Reportage Seite 19

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen