piwik no script img

Mehl aus Windkraft

Am Pfingstmontag sind vier Hamburger Mühlen zur Besichtigung freigegeben  ■ Von Hubert Bätz

„Windstärke vier oder fünf braucht es schon, damit hier ordentlich Korn gemahlen werden kann“, sagt Herrmann Höpner. Wenn diese „rund 60 Flügelspitzen pro Minute“ gegeben sind, ist der Handwerker in der alten Holländermühle „Johanna“ zur Stelle. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern des „Wilhelmsburger Mühlenvereins“ achtet er darauf, daß „die Klappen der Mühlenflügel genug Wind erreicht“. Mit einer Kette verstellt er die Holzblätter so, daß mehr oder weniger Wind auf sie prallt.

Am Pfingstmontag, 24. Mai, werden ungewöhnlich viele Menschen durch die Räume der ehemaligen Kornmahlerei laufen. Dann findet in Hamburg und in Schleswig-Hol-stein der 6. Deutsche Mühlentag statt. 57 dieser Kulturdenkmäler sind zur Besichtigung freigegeben; vier davon in der Hansestadt.

Die „Johanna“ in der Schönenfelder Straße 99a stellt nach Ansicht von Experten wie dem Wilhelmsburger Hans-Jakob Tiessen „die stattlichste der noch intakten Hamburger Windmühlen dar“. 1875 wurde das zweigeschossige Gebäude errichtet. Seitdem schaut die weißverputzte und mit einem Reetdach versehene Mühle nahezu unverändert über die Elbinsel. Daß ein solches Bauwerk erhaltenswert sei, erkannten die Denkmalschützer bereits 1941. Damals wurde „Johanna“ als technisches Kulturdenkmal eingestuft.

Bis 1961 rotierten die Flügel, arbeitete noch das Mahlwerk. Dann mußte auch Erwin Sievers, so wie viele Müller vor ihm, die „Müllerei“ aufgeben. Zwar hatten die Mühlen im Norden direkt nach dem Zweiten Weltkrieg wegen Energieengpässen noch einmal einen Aufschwung verzeichnet. Doch ihr Ende hatte sich mit dem Gebrauch der Dampfmaschine und der Entdeckung der Elektrizität bereits um 1900 angekündigt.

Erst 1997, nach zahlreichen Pächterwechseln und häufigem Leerstand, übernahm der „Wilhelmsburger Mühlenverein“ das Gebäude für 30 Jahre mit Erbbaurecht. Die Mitglieder renovierten „Johanna“ für rund 700.000 Mark und machten damit die „alte Dame“ für Wilhelmsburg wieder attraktiv. Für die Zukunft haben Tiessen und seine Kollegen große Pläne. Angedacht sind zum Beispiel Ausstellungen zur Mühlengeschichte, Lesungen, Führungen für Schulklassen oder ein kleines Cafe.

Nähere Informationen zum 6. Mühlentag im Norden gibt es unter 04 33 1/18 - 26 85 oder unter % 040/35 04 - 28 91

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen