: Neuer Poker um Atomtransporte
■ AKW-Betreiber wollen Transporte noch 1999. Trittin: Weder notwendig noch sicher. Kanzleramt beruhigt AKW-Betriebsräte
Berlin (taz/AFP) – Der Streit zwischen dem Bundesumweltministerium und den Stromversorgern um Atomtransporte noch in diesem Jahr geht in die nächste Runde. Zum wiederholten Mal haben die Betreiber der deutschen Atomkraftwerke gefordert, die Transporte von abgebrannten Brennelementen zur Wiederaufbereitung und zur Zwischenlagerung müßten bald wieder genehmigt werden, sonst komme der Betrieb in vier AKWs zum Erliegen, so zitiert die Welt am Sonntag gestern aus einem Brief des Stromkonzerns PreussenElektra an Umweltminister Jürgen Trittin.
Dagegen erkärte gestern ein Sprecher des Bundesumweltministeriums, weder sei die Notwendigkeit der Transporte nachgewiesen noch ihre Sicherheit. Der Transportstopp war noch von Trittins CDU-Amtsvorgängerin Angela Merkel im letzten Jahr erlassen worden, nachdem festgestellt worden war, daß die Castor-Transporte zum Teil weit überhöhte Strahlenwerte aufwiesen.
Mindetens zehn Castor-Transporte noch in diesem Jahr seien notwendig, schreiben laut Welt am Sonntag die Energieversorger. Ohne sie müßten die AKW Nekkarwestheim, Stade, Biblis und Philippsburg noch 1999 vom Netz gehen, weil kein Platz mehr für die Lagerung alter Brennelemente sei. Ein solches „kaltes“ Abschalten hat aber Bundeskanzler Gerhard Schröder immer abgelehnt.
„Die Kraftwerksbetreiber haben bisher nicht dargelegt, daß die Transporte sicher und notwendig sind“, sagte Trittins Sprecher Martin Waldhausen gegenüber der taz. Zwar gebe es Fortschritte bei der Sicherung der Transporte, doch weiterhin wollten die Stromkonzerne nicht garantieren, daß die Grenzwerte eingehalten würden. Auch das Argument mit der Abschaltung treffe nicht zu: „Die Lager laufen auch ohne neue Transporte nicht über.“
Die Stromkonzerne hoffen auf ein Machtwort des Kanzlers zu ihren Gunsten. Nach Pressemeldungen hat Schröder in einem Brief an die Sprecherin aller Betriebsräte der Energiekonzerne, Hilde Bekker, zugesichert, es gehe ihm „nicht um den Sofortausstieg“. Er wolle keinen „Entsorgungsinfarkt“ entstehen lassen, deshalb werde es eine „rechtzeitige Wiederaufnahme der Transporte“ geben. Nichts von diesen Äußerungen widerspreche bei genauer Betrachtung der Meinung Trittins, erklärt sein Sprecher. „Die Entscheidung über die Genehmigung der Transporte liegt bei unserem Ministerium“, so Waldhausen. bpo
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