piwik no script img

Brokhuchting im Wahlkrampf

■ Flächennutzungsplan für Baugebiet als Wahlkampf-Gabe für CDU

Die Bürgerschaft soll heute den Flächennutzungsplan für das geplante Bebauungsgebiet in Brokhuchting ändern – trotz „großer rechtlicher Bedenken“, wie die SPD-Umweltsprecherin Traude Hammerstörm sagt: Gegen einen Beschluß des Stadtparlaments könnte ein „Normenkontrollverfahren“ vor dem Europäischen Gerichtshof angestrengt werden – „und ich gehe davon aus, daß jemand klagt“. Der BUND Naturschutz hatte dies schon einmal vorsorglich angedroht.

Der Hintergrund liegt auf der Hand: Das Gebiet ragt in den Bereich hinein, der noch unter Vogelschutz nach den EU-Richtlinien steht. Und der Landschaftsschutz-Status ist nicht aufgehoben. In diesem vorzeitigen Stadium „vorsorglich“ den Flächennutzungsplan zu ändern ist „ein sehr unübliches Verfahren“, formuliert Hammerstöm.

Ein Kläger müßte in Brüssel nur das auf den Tisch packen, was innerhalb der Umweltbehörde an rechtlichen Bedenken formuliert wurde: Auflage der Umweltschutzbehörde, um das Baugebiet gegen das Vogelschutzgebiet abzusichern, sind einfach ignoriert worden. So war zum Beispiel Einvernehmen darüber erzielt worden, daß bestimmte Wegeverbindungen rückgebaut werden sollten, um das Naturschutzgebiet mit seinen brütenden Vögeln gegen Haushunde und -katzen zu schützen. Das ginge nicht, sagt das Bauressort schlicht.

Das ist keine Begründung, die man vor Gericht vortragen kann, findet man in der Naturschutzabteilung der Umweltsenatorin. Die Änderungen sind zudem nicht öffentlich ausgelegt worden – ein formaler Verfahrensfehler. Wenn schließlich die EU davon überzeugt werden soll, daß auf ein Stück Vogelschutzgebiet verzichtet werden muß, dann müßten auch der Nachweis des Bedarfes und die „Alternativenprüfung“ überzeugend sein. Im Flächennutzungsplan steht unter anderem, die Fläche sei gut für Wohnbebauung geeignet, weil sie großen Erholungswert und geringe Lärmbelästigung aufweise. Nun soll aber das angrenzende Naturschutzgebiet streng abgeschlossen werden gegen Anwohner, die ihre Hunde ausführen könnten, und wegen des erheblichen Lärmes durch die nahe Bahnlinie soll ein Lärmschutzwall gebaut werden. „Widersprüchlich und nicht ausreichend konsistent“ seien solche Begründungen, schreibt die Fachabteilung im Umweltressort. Man sollte die ganze Sache vertagen, um „Schaden vom Ansehen Bremens abzuwenden“.

Aber aus übergeordneten (Wahlkampf-)Gründen will die CDU noch einen förmlichen Beschluß vor dem Wahltag – immerhin verliert die Koalitionsvereinbarung, in der das Bauprojekt Brokhuchting steht, am 6. Juni ihre Gültigkeit. Das Prozeßrisiko sei gering, weil der Bürgerschaftsbeschluß zur Flächennutzungsplan-Änderung ausdrücklich unter dem Vorbehalt des rechtsgültigen Bebauungsplans steht. Der wird aber erst nach dem Wahltag fertig, das ist das Problem. „Rechtliche Gründe, die Flächennutzungs-Planung vorzuziehen, vermag ich nicht zu erkennen“, schreibt die Umweltsenatorin (SPD) ihrem Kollegen Bausenator (CDU). K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen