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Sonia Gandhi in der Schmollecke

Die Vorsitzende der indischen Kongreß-Partei tritt zurück. Ihre ausländische Herkunft sorgt für Kritik – auch in den eigenen Reihen  ■   Aus Dehli Bernard Imhasly

Sonia Gandhi, die in Italien gebürtige Präsidentin der indischen Kongreß-Partei, ist am Montag zurückgetreten. Am Vortag hatten drei Vorstandsmitglieder an sie appelliert, auf eine Kandidatur für das Amt der Premierministerin wegen ihrer Herkunft zu verzichten. Der Ton des Rücktrittsschreiben ließ jedoch vermuten, daß es ein taktischer Schritt war.

„Ich bin schmerzlich berührt, daß gewisse Kollegen meine ausländische Geburt als eine Belastung für die Partei empfinden“, schrieb sie. „Obwohl in einem anderen Land geboren, wählte ich Indien als mein Land. Ich bin Inderin und werde es bis zu meinem letzten Atemzug bleiben.“

Der pathetische Tonfall löste die zu erwartende Reaktion aus. In einer Vorstandssitzung, der die drei Dissidenten fernblieben, wurde der Rücktritt einmütig zurückgewiesen. Zahlreiche Sympathisanten versammelten sich vor der Parteizentrale in Delhi und verwünschten die drei unbequemen „BJP-Sympathisanten“.

Seitdem Gandhi nach dem Fall der hinduistischen BJP-Regierung im April einen vergeblichen Anlauf auf das oberste Amt unternahm, ist die Debatte um Gandhis Herkunft heftiger geworden. Vorallem die BJP und die zahlreichen Hindu-Verbände gossen Öl ins Feuer, da sie in ihr eine ernsthafte Rivalin für den abtretenden Premierminister A. B.Vajpayee sahen. Zudem sehen viele radikale Hindus in ihrer Kandidatur eine ideologische Herausforderung   „Rom gegen (den Gott) Ram“.

Die Aufforderung zum Rücktritt aus den eigenen Reihen trifft die Partei unerwartet und schwer. Es ist nicht klar, welches Motiv die drei Briefschreiber Sharad Pawar, P. A.Sangma und Tariq Anwar hatten. Pawar ist der einzige Spitzenpolitiker der Partei, der über eine Hausmacht verfügt. Es ist möglich, daß er Signale aus der Basis erhalten hat, wonach der Status Gandhis als gebürtiger Ausländerin in den Wahlen im September eine Belastung darstellen würde. Die BJP läßt keinen Zweifel daran, daß sie Gandhi zum Hauptthema des Wahlkampfs machen wird.

Die Hindu-Partei sieht bei der Krise ihrer Hauptwidersacherin wie die Gewinnerin aus. Ihr bisheriges Schweigen zeigt aber, daß die parteipolitische Konstellation durcheinandergeraten könnte, falls Pawar eine neue Partei gründet. Die kleinen Parteien lassen sich leicht aus ihren bisherigen Bindungen herausbrechen. Mehrere von ihnen haben sich nur aus Opposition zum Kongreß der BJP angeschlossen. Pawar ist ein sehr geschmeidiger Politiker, der in allen Parteien über gute Kontakte verfügt. Sein gut berechneter Schachzug droht die Fronten neu zu arrangieren, noch bevor die Wahlkampfgegner richtig Feindberührung aufgenommen haben.

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