: Daimler: Neue Lasten durch Altlasten
■ Giftbelastung unter Ex-Nordmende-Halle bei DaimlerChrysler schon seit zehn Jahren bekannt / Jetzt kommt Asbest-Fund hinzu / Anzahl der möglicherweise belasteten Arbeiter noch unbekannt
Die Gift- und vermutlich auch die Asbest-Belastung in der sogenannten Nordmende-Halle und auf dem dazugehörigen Gelände bei DaimlerChrysler ist offenbar bereits seit zehn Jahren bekannt. Grund: Nicht nur der Hallenboden ist voraussichtlich Asbest-belastet. Im Boden des ehemaligen Nordmende-Geländes lagern giftige Industrieabfälle. Das hatte, wie die taz schon 1989 berichtete, einen Investor für den Nordmende-Nachfolger Europart davon abgehalten, das konkursreife Unternehmen damals zu übernehmen. Weder der Besitzer des Geländes noch DaimlerChrysler haben sich jedoch bisher um die brisante Hinterlassenschaften gekümmert. DaimlerChrysler hatte die leerstehende Nordmende-Halle für Lagerzwecke angemietet. „Bei Mietobjekten haben wir keine Prüfungen vorgenommen“, sagt Daimler-Sprecher Wendelin von Machui.
Welche giftigen Altlasten noch in dem Boden des Industriegeländes schlummern, ist derzeit nicht bekannt. Die Hinterlassenschaften stammen noch von den Focke-Wulff-Flugzeugbauern, die vor Nordmende auf dem Sebaldsbrücker Gelände arbeiteten.
Hinzu kommt jetzt noch die akute Asbest-Gefahr. Wie berichtet, hatte das Gewerbeaufsichtsamt die Lagerhalle von DaimlerChrysler an der Funkschneise in Bremen-Sebaldsbrück deswegen vor zwölf Tagen abgesperrt. Das Gewerbeaufsichtsamt forscht nun noch nach, seit wann dort Asbest freigesetzt wird. Denn in der Luft schwebende Asbestfasern sind direkt gesundheitsgefährdend und können Asbestose und Lungenkrebs verursachen. Bei der Daimler-Halle muß der Fußboden jetzt von einer Spezialfirma saniert werden.
Wieviele Arbeiter in der Daimler-Halle, in der Motoren-Teile gelagert werden, dieser Gesundheitsgefahr ausgesetzt waren, ist bei DaimlerChrysler dagegen noch immer unklar. „Etwa 100 Arbeitsplätze gab es in der Lagerhalle“, sagt Uwe Werner vom Betriebsrat. Doch neben den Daimler-Arbeitern, die in der Halle beschäftigt waren, werden derzeit noch die Arbeiter von Speditionsfirmen und von Subunternehmen ermittelt.
Auch die Entdeckung des Asbest-Problems klingt dubios. Inzwischen gibt es gleich zwei unterschiedliche Versionen: Nach Angabe der Werksleitung ist der Fußboden aufgebohrt worden, weil für ein großes Regal Schienen verankert werden mußten. Bei dieser Baumaßnahme sei eine Bodenprobe untersucht worden.
Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Uwe Werner erklärte dagegen gegenüber der taz, daß der Fußbodenbelag in der Halle im Laufe der Zeit rissig geworden sei. Denn schwere Lastwagen, die zum Be- und Entladen von Motor-Teilen in die Halle hineinfuhren, hätten den Boden abgenutzt. Als nun eine Baufirma die Risse schließen sollte, entnahm sie zunächst die Bodenproben, um die Inhaltsstoffe untersuchen zu lassen. Bei der Untersuchung seien die Asbestfasern entdeckt worden. Dann müßte von einer bereits seit längerem bestehenden Belastung der Arbeiter ausgegangen werden. juf
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