: Proteste in Montenegro
■ Bewohner der serbischen Stadt Cacak fordern ein sofortiges Ende des Krieges
Podgorica/Belgrad/Bonn (AFP/ dpa/ rtr) – Die Spannungen zwischen der jugoslawischen Teilrepublik Montenegro und der Zentralgewalt in Belgrad haben sich weiter verschärft. Der westlich orientierte Präsident Milo Djukanovic sagte der Führung in Belgrad ein „klägliches Ende“ voraus. Teilen der jugoslawischen Armee warf er vor, in Montenegro putschen zu wollen. Das Militär beschlagnahme für Montenegro bestimmte Hilfslieferungen und requiriere ganze Krankenhäuser. Mehrere tausend Bürger der montenegrinischen Stadt Cetinje protestierten gestern gegen die massive Präsenz der jugoslawischen Armee. Sie verlangten den Abzug der Truppen, wie die Belgrader Nachrichtenagentur Beta meldete.
Auch in Serbien regte sich zunehmend Widerstand gegen Präsident Miloevic. Bewohner der serbischen Stadt Cacak forderten Milosevic auf, den Krieg zu beenden. Der Präsident müsse die internationale Gemeinschaft ins Land lassen, „weil der Preis, den wir schon bezahlt haben, zu hoch ist“. Die Agentur Beta veröffentlichte einen Brief des kürzlich in Cacak gegründeten „Zivilparlaments“, in dem es hieß, Miloevic entscheide über Leben und Tod seines Volkes. Er müsse das Leben seiner Landsleute schützen.
Dem „Zivilparlament“ von Cacak gehören rund 20 Ärzte, Professoren, Ingenieure und Arbeiter an. Nato-Angriffe haben in der Stadt schwere Schäden angerichtet. Der Bürgermeister von Cacak, Velimir Ilic, wird nach montenegrinischen Angaben von der Militärpolizei gesucht. Ihm werde vorgeworfen, Miloevic für die Nato-Angriffe verantwortlich zu machen.
Die Bundesregierung will nach Angaben von Außenminister Joschka Fischer eine Diskussion über die Angriffsziele der Nato in Jugoslawien führen. Fischer sagte am Freitag vor einem Treffen mit seinem Schweizer Amtskollegen Joseph Deiss in Bonn, es bestehe „dringender Gesprächsbedarf“. Bei den Angriffen der Nato sei nicht nur die Botschaft der Schweiz, sondern auch andere diplomatische Vertretungen getroffen worden.
Die Nato hat in der Nacht zum Freitag jugoslawischen Medienberichten zufolge ihre Luftangriffe auf Ziele in Belgrad und anderen Landesteilen fortgesetzt. Nahe der Grenze zu Ungarn seien zwei Privathäuser getroffen worden. Ein Mann sei bei dem Einschlag in seinem Haus getötet worden, in dem anderen getroffenen Haus habe es Verletzte gegeben. Auch Belgrad sei erneut Ziel von nächtlichen Angriffen gewesen. Mindestens vier Raketen hätten einem Treibstofflager der Jugopetrol gegolten. Durch die Druckwelle sei die Residenz des Schweizer Botschafters beschädigt worden, der gerade einen Empfang gegeben habe.
An der Feierlichkeit habe auch der Botschafter Schwedens teilgenommen, dessen Botschaftsgebäude in der Nacht zuvor beschädigt worden war.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen