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Kritik an Becks Domrede

■ Zwei Tage vor der Wahl will die grüne Ausländerbeauftragte Marieluise Beck auf einem Benefiz-Konzert im Dom sprechen / Friedensgruppen und PDS protestieren

Aufregung in der Rest-Friedensbewegung und der PDS Bremen: Die grüne Bundes-Ausländerbeauftragte Marieluise Beck will auf einem Benefiz-Konzert für die Opfer des Kosovo-Krieges sprechen. Die Veranstaltung soll zwei Tage vor der Bürgerschaftswahl im Bremer Dom stattfinden. Nun fordern Friedensgruppen und PDS, daß Beck wieder ausgeladen wird.

„Der Auftritt ist unsensibel“, findet Friedensaktivistin Elsbeth Rütten: Zum einen kritisiert sie, daß mit Beck eine Verteterin der Bundesregierung auf dem „Gemeinsamen Konzert für den Frieden“ auftritt – eine Regierungs-Verteterin, die durch die Kriegsführung für das Elend des Krieges zumindest mitverantwortlich sei. Daß die Veranstaltung in einer Kirche stattfindet, ist nur ein Nebenaspekt ihrer Kritik. Doch auch die Nähe zur Bürgerschaftswahl stößt ihr bitter auf: „Auch wenn es vielleicht nicht das direkte Ziel ist, ist der Auftritt von Beck doch ein symbolischer Eingriff in den Wahlkampf. Und das zwei Tage vor der Wahl.“ Friedensaktivist Ernst Busche wird drastischer: Beck habe „auf einem Friedenskonzert nichts verloren“. Gleichzeitig lobt Busche das Engagement Becks als Ausländerbeauftragte.

28 gleichlautende Briefe von Protestlern hat Rütten vorgestern auf dem Marktplatz gesammelt, wo derzeit jeden Tag zwischen 17 und 18 Uhr eine Mahnwache gegen den Krieg stattfindet. „Zynisch und doppelbödig“ sei es, so der Text, „wenn die Domgemeinde zuläßt, daß Frau Beck an diesem Abend über Humanität und Frieden im Kosovo redet, während sie auf der anderen Seite eine Politik trägt und vertritt, die die aktuelle Dramatik des Krieges erst ermöglichte“. Der Termin kurz vor der Wahl löse eine „Assoziation von subtiler Wahlpropaganda“ aus. Die Verantwortlichen werden gebeten, das Konzept und den Zeitpunkt der veranstaltung „kritisch zu überprüfen“. Die PDS dockte sich an die Kritik der Friedensgegner an und forderte in einer Pressemitteilung, keine Parteipolitiker auf der grundsätzlich sinnvollen Veranstaltung sprechen zu lassen. Es wäre schade, dem Konzert den Beigeschmack einer „billigen“ grünen Wahlwerbung zu geben, erklären die PDSler.

Initiatorin des Konzerts ist die ehemalige Beck-Mitarbeiterin und Grünen-Kandidatin für die Bürgerschaft, Andrea Frohmader. Als Hauptakteurin der „Brücke der Hoffnung“ und singendes Mitglied im Domchor verknüpft sie die zusammen arbeitenden Institutionen. Neben Brahms und Bach soll es in dem rund 75-minütigen Programm auch Reden von zwei Kirchenvertretern und Textlesungen durch Schauspieler des Bremer Theaters geben. Der Eintritt ist frei, die Spenden aber sollen den Opfern des Krieges zu Gute kommen.

Daß er sich im ersten Moment etwas gesträubt habe, sagt auch Domkantor Wolfgang Helbig. Nach einer längeren Diskussion im Kirchenvorstand und einem einstimmigen Votum des Domchors aber sieht er die Kritikpunkte ausgeräumt. Ein anderer Termin sei längerfristig nicht zu finden gewesen, da das ebenfalls beteiligte Staatsorchester auch Wochen im Voraus verplant sei.

Auch Pastorin Babett Flügger hatte ein unwohles Gefühl, als sie von dem Auftritt Becks erfuhr. Über den gefundenen Termin kurz vor der Wahl ist sie nicht besonders glücklich. „Da sie nicht für die Bürgerschaft kandidiert, haben wir dem stattgegeben“, sagt sie aber. Außerdem sei man in der Gemeinde überzeugt, „daß sie das nicht parteipolitisch ausnutzt.“ Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehe immerhin die Geldsammlung für die Opfer des Krieges.

Christoph Dowe

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