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Bierbudenkultur à la Bremen-Vegesack

■ Junge Leute aus Bremen-Nord wollen mit Unterstützung aus dem Stadtteil den Bunker auf dem Vulkan-Gelände in einen Kulturbunker verwandeln, doch aus der City kommt keine Antwort / Ein Streifzug durchs glitzernde Elend

Wenn ein Vertreter des Wirtschaftssenators sich schon mal nach Bremen-Nord bewegt, sollte das seltsame Völkchen unterhalb des Ihlpohler Kreisels gefälligst dankbar sein. Statt dessen wurden auf einer öffentlichen Beiratssitzung Mitte Mai in Vegesack lauter unbequeme Fragen gestellt. Kurz vorher hatte man verkündet, daß der Daewoo-Konzern seinen Autoumschlag aus Bremerhaven auf das ehemalige Vulkangelände verlagern soll. Bis dahin müßte allerdings noch der Dockkran verschwinden, einige Straßen müßten verbreitert werden und die Stahlfirma in der Mitte hatte man schlichtweg vergessen.

Wie in Bremen üblich, wollte man sich dabei nicht mit Kleinkram beschäftigen. Nachfragen eines Ortsamtleiters wurden patzig mit „das geht sie nichts an“ pariert, worauf dieser sich fragen mußte, „wofür ein Ortsamtsleiter dann noch gebraucht würde“.

Wenn sich die Landesregierung solch tolle Pläne für die Zukunft einer Region ausdenkt, muß die Region halt froh sein. Und mit Bremen-Nord hat man besonders große Pläne wie z.B. die Neugestaltung der Weserpromenade, die derzeit die Gemüter erhitzt. Am vergangenen Wochenende gab das „Kulturfestival“ namens „Vegesack Maritim“ schon mal einen Vorgeschmack dafür, wie sich Bremens Kulturwirtschaftler die großen Amüsierkonzepte der Zukunft so vorstellen. Mittelpunkt einer kleinen kulinarischen Wagenburg (Bier, Bratwurst, Eis und Zuckerwatte) war – zwischen Baustelle und Vulkanwrack – die Anlegestelle der „Khersones“, einer Drei-Mast-Windjammer von der Krim. Nehmen wir noch den „Rekumer Schifferchor“ dazu, eine „Gallionsfigur-Enthüllung“ durch die Stars aus „Jekyll & Hyde“, die bald keine „Stars“ mehr sind, wenn die Stadt sie weiter so inflationär vor jeden Karren spannen darf. Immerhin sieht die „Khersones“ so ähnlich aus wie das Flaggschiff des Biersenators, die „Alexander von Humboldt“. Wenn wir irgendwann die Kultur bei solchen Festivitäten ganz weglassen, bräuchte man überhaupt nur noch Bierbuden.

Aber gleich hinter der Camping-Gastronomie präsentierte sich am Wochenende auch die Initiative „Vulkan Kulturbunker“ der breiten Öffentlichkeit. Es sind junge Leute, die in Eigeninitiative einen Bunker zu einem riesigen Proberaum-Zentrum auf 1.500 qm ausbauen wollen und bereits einiges gerissen und verputzt haben. 18 Übungsräume, eine kleine Bühne, ein Ausstellungsraum und ein Café sollen entstehen, und der Schwerpunkt liegt auf einer Unterstützung der lokalen Szene. Hier sollen nicht noch mehr US-Bands auf Europa-Urlaub durchgefüttert werden, hier soll eine P.A. für alle stehen, und man hat auch nicht vergessen, daß es kleine Orchester gibt, die ebenso wenig Platz zum üben haben wie die Metalband von nebenan.

Bei einer Ortsbegehung aber war die angerückte Polit-Garde aus Bremen-Nord ein bißchen entsetzt: „In so einem Gebäude kann man doch nicht musizieren“, befindet eine Dame im Mittelalter, die sich später zur „Jatzmusik“ bekennen sollte. Naja, man hatte sich die ganzen achtziger Jahre darauf eingestellt, das neue Jahrtausend im Bunker zu erleben, und so langsam werden die Dinger ja auch wieder aktuell. Etwas weiter die Weser hoch werden die „Letzten Tage der Menschheit“ im alten Valentin-Bunker gefördert. Die Region geht wieder leer aus.

Wie es mit dem Kulturbunker weitergeht, steht nämlich in den Sternen bzw. verliert sich in den Mühlen der Filzmaschine. Zu viele Zuständigkeitsbereiche, zu wenig Bereitschaft zur Verantwortung. Blasse Polit-Papis und -Mamis sind betroffen. Alltag unter einer Koalition, die man offenbar nicht mehr loswerden kann. In Bremen-Nord stehen die Ampeln aber auf grün für das Proberaum-Paradies. Niemand hat eine bessere Idee für die Nutzung des Betonklotzes. Von der Feuerwehr über das Ortsamt zur Verwaltung des Vulkan-Geländes erhält die Initiative weiter reichlich Zuspruch und Unterstützung, aber die Entscheidung muß in der Innenstadt fallen. Dort ist aber in irgendeiner Behörde garantiert wieder irgendwer nicht gefragt worden und blockiert die ganze Sache.

Ortsamtsleiter Kammeyer hat zwar inzwischen seinen Beschluß an die Kultursenatorin weitergereicht, das Projekt unbedingt als förderungswürdig zu unterstützen. Ein schöner Trost für MusikerInnen und Aktive des Kulturbunkers. Als würde Kultursenatorin Kahrs wissen, was ein Proberaum ist ...

Tommy Blank

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