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Einer findet sich immer

■  Radio Bremen geht es nicht gut, aber Chef werden wollen auch im zweiten Anlauf viele

Auf einmal soll alles ganz schnell gehen. Schon bis zu den Bremer Bürgerschaftswahlen am 6. Juni will die Chefin des Radio-Bremen-Rundfunkrats, Roswitha Erlenwein, einen neuen Indendanten für den kleinsten ARD-Sender finden. „Ich hoffe, daß wir bis dahin ein großes Stück weiterkommen“, sagt sie und behält für sich, woher sie den Optimismus nimmt.

Erst am Freitag vor Pfingsten endete die Bewerbungsfrist für die Stelle, die nach der überraschenden Absage des bereits zum Intendanten gewählten WDR-Kulturchefs Michael Schmid-Ospach schon zum zweiten Mal ausgeschrieben worden war. Über zwanzig Kandidaten haben sich beworben oder wurden von der achtköpfigen Findungskommission angesprochen – fast so viele wie bei ersten Durchgang. „Die Bewerberlage ist gut bis sehr gut“, sagt Erlenwein. Es heißt, es seien gleich mehrere dabei, die für den Job in Frage kommen.

Deshalb brodelt wieder die Gerüchteküche. In der Welt wurde sogar der Name der Ex-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger verbreitet. Und der Berliner Tagesspiegel brachte SFB-Vizefernsehchef Ulrich Anschütz ins Spiel. „Quatsch“, sagt ein ARD-Kenner aus der kleinsten Mitgliedsanstalt zu diesen Spekulationen. Er will aber auch beobachtet haben, daß es seit Eröffnung des ARD-Hauptstadtstudios am Samstag in der TV-Abteilung des SFB Abwanderungstendenzen gibt. So möchte man in Bremen selbst den Name der CDU-nahen Berliner TV-Chefin Barbara Groth ins Spiel bringen als mögliche Nachfolgerin für den per Gesetz zum 30. April geschaßten und nun kommissarisch amtierenden Karl-Heinz Klostermeier. Doch Erlenwein dementiert gleich wieder: „Eine Frau ist nicht dabei.“

Viel ernster als die Spekulationen über Namen werden in Bremen Äußerungen zum Thema Geld genommen. Daß WDR-Intendant Fritz Pleitgen bei der Hauptstadtstudio-Feier erneut freundliche Worte für die kleinen ARD-Sender übrighatte, kam natürlich gut an. Trotzdem hält sich das Gerücht hartnäckig, daß Michael Schmid-Ospach nicht wirklich aus gesundheitlichen Gründen abgesagt hat. So ist die Frage weiter offen, ob das Bremer Rathaus ohne Absprache mit dem Sender bereits Zugeständnisse gemacht hat im Gerangel der Ministerpräsidenten um die Zukunft des ARD-Finanzausgleichs. Radio Bremen, wo man zur Zeit rund 80 Millionen Mark aus dem Gemeinschaftstopf erhält, den die Politiker abschaffen wollen, wird ab 2001 auf jeden Fall auf einen zweistelligen Millionenbetrag verzichten oder das Geld anderswo auftreiben müssen. Einige hoffen nach den Freundlichkeiten des Kölner Intendanten, nun auf den WDR als Partner. In dessen Projekt „Funkhaus Europa“ sendet Radio Bremen seit Anfang Mai immerhin schon mit. Christoph Köster

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