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Flaggenzupfen ohne Kraft und Kilos

■ Flagfootball, die gewaltlose Variante des American Football, in Hamburg

So langsam wird es hektisch auf dem Footballground, denn die Jungs der Kieler Hurricanes haben ein hartes Brot zu knabbern. Mit 8:24 liegen sie in ihrer Partie gegen ein Team aus Mexiko hinten und bringen das runde Football-Ei kaum einen Yard nach vorne. Das verwundert, denn immerhin spielen die kräftigen Kerle aus Kiel gegen eine Equipe zierlicher Zentralamerikanerinnen – die Aguilas Blancas Feminil aus Mexico.

Doch beim Flagfootball geht es nicht um Kraft und Kilos. Schnelligkeit und taktisches Geschick sind ausschlaggebend für den Erfolg – und da haben die Mexikanerinnen ihren teutonischen Kollegen einiges voraus.

Sechs Teams aus aller Welt trafen sich am Wochenende auf der Sportanlage Dulsberg-Süd, um bei der 1. Hamburger Flag Challenge ihr Können zu messen. Eine echte Premiere in Hamburg, fristen die Flagfootballer in Deutschland doch eher ein Schattendasein. In seinem „Mutterland“ USA hingegen ist der körperfreie Kick weitaus populärer. Über 15 Millionen Aktive hecheln dort ganz unrabiat dem runden Ei hinterher. Die Faszination des Sports liegt für Wolfgang Klüß von den ausrichtenden Hamburger Grey Devils vor allem im Vermeiden übermäßiger Härte: „Sämtliche Tacklesituationen sind dadurch ersetzt, daß die Spieler einen Gürtel mit Flaggen tragen. Zupft ein Verteidiger dem angreifenden Spieler das Fähnchen aus dem Gürtel, ist der Angriff unterbunden.“ Ganz ohne das footballübliche Aufeinanderrasseln kilobepackter Leiber.

Und weil es beim Flaggenzupfen eben nicht nur um Körpermasse und Kraft geht, spielen bei den Fahnenziehern auch Frauen in den Teams mit. Weiterer Vorteil: Flagfootball ist einfach kostengünstig, werden doch weder Schutzhelme noch Shoulderpads bennötigt.

Ein illustres Starterfeld mit Mannschaften aus den USA und Mexico rangelte am Wochende um die Krone der Flaggenzupfer. Haushoher Favorit war das Team USA. Die mit Amateurspielern aus Boston und New York gespickte US-Auswahl schien nahezu übermächtig. So waren die Begegnungen gegen die Amerikaner für die deutschen Kontrahenten in erster Linie Taktikschulungen: „Wir zeichnen alle Spielzüge auf Video auf“, freut sich Klüß auf anschließendes Taktiktüfteln. Standesgemäß gewann dann auch das Team USA das Finale gegen Aguilas Blancas Feminil mit 32:14.

Für Wolfgang Klüß und „seine“ Hamburger Grey Devils diente das Turnier vor allem dem Zweck, Flagfootball noch populärer zu machen, denn bisher spielen „nur“ zwei Erwachsenenteams bei den Grauteufeln. Beliebter ist das heitere Flaggenzupfen bei den Kindern. Kein Wunder, bietet doch Flagfootball einen idealen Einstieg, um die Kleinen peu a peu an die taktischen und athletischen Kniffs des American Football heranzuführen. Und das mit Erfolg: So sicherte sich mit den Flag Devils die Juniorabteilung der Grauteufel kürzlich die Norddeutsche Vize-Meisterschaft.

Matthias Anbuhl

Infos zum Flagfootball gibt es bei den Hamburger Grey Devils unter Tel. 040/ 64940455.

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