: „Liebe taz...“ Kritik gründlich mißverstanden –Betr.: „Kritik an Becks Domrede“ und „Heuchelei“, taz bremen vom 27. Mai 1999
Der Eindruck drängt sich auf, daß Euer Kommentator die Beweggründe für unsere Kritik am Auftritt der Kriegsbefürworterin Marieluise Beck gründlich mißverstanden hat oder nicht verstehen wollte. Weiß die taz nicht, daß es neben dem Elend der Kosovoflüchtlinge durch den Nato-Bombenkrieg erst recht zu Flucht und Elend auch der serbischen Bevölkerung gekommen ist, oder will sie das nicht wissen? Kann oder will sie nicht sehen, daß weite Teile Serbiens und des Kosovo nur deswegen völkerrechtswidrig unter Mißachtung der UNO zerbombt werden, weil es hier gar nicht um die Person Milosevic und dessen Verbrechen, sondern um eine „Neuordnung“ der Region im Sinne von EU und USA, also um die Zerstückelung und totale Unterwerfung des gesamten Balkan geht?
Weil die einst friedensbewegten Grünen Marieluise Beck und Andrea Frohmader wahrscheinlich den Kriegskurs der Bundesregierung vertreten und entsprechend rechtfertigen werden, halten wir sie für einen Auftritt in der Konzertveranstaltung für denkbar ungeeignet. Es röche in der Tat nach Wahlpropaganda, wenn ihnen Gelegenheit geboten würde, ein Benefizkonzert für die Flüchtlinge durch die Verbreitung grüner Kriegsideologie zu mißbrauchen. Nein, liebe taz, es hat überhaupt nichts mit Heuchelei zu tun, wenn ausgerechnet wir „alten Weggefährten des realen Sozialismus“ von der Kirche nicht die Abwendung vom Vertreibungselend, sondern ein klares Nein zum Bombenkrieg fordern. Wir veruteilen die zynischen Abschiebungen durch die Innenbehörden und setzen uns für eine großzügige Aufnahme von Flüchtlingen auch im Lande Bremen ein. Wieland von Hodenberg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen