: Europäische Tropfen auf dem heißen Stein
■ Wie die EU die Rückkehr der bosnischen Familien finanziert. Erster Teil einer taz-Serie
Eine Wohnküche, ein mit Holzfeuer beheizter Herd, ein kleines Schlafzimmer und ein noch winzigeres Bad – so sehen die knapp 60 Quadratmeter großen Wohneinheiten für bosnische Rückkehrfamilien aus Berlin in Breza aus. Beengt und wirklich nicht luxeriös sind die Wohnungen, aber dennoch das Vorzeigeprojekt der Ausländerbeauftragen des Senats, Barbara John (CDU), wenn es um bosnische Rückkehrer geht.
Von den 180 Wohneinheiten sind 90 für Berliner Familien reserviert. Ein Tropfen auf dem heißen Stein: Derzeit leben noch mehr als 13.000 von ehemals 30.000 geflüchteten BosnierInnen in der Hauptstadt. Und ohne die Unterstützung der Europäischen Union und die Umwidmung von Sozialhilfegeldern könnte die Ausländerbeauftragte nicht einmal jenes Rückkehrprojekt ankurbeln: Im Berliner Haushalt sind dafür keine Mittel vorgesehen. Von der EU wurde das Breza-Projekt mit 4,5 Millionen Mark finanziert, die Häuser von Bundeswehrsoldaten aufgebaut.
Da auch die Mühlen der europäischen Behörden langsam mahlen, schoß Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) einen Teil des Geldes vor – sonst wären die bereits bewilligten Gelder erst ein halbes Jahr später geflossen. Das ist kein Einzelfall: In dem Bericht des Rechnungshofes der Europäischen Kommission, durch den unlängst die Millionenverschwendungen seiner Kommissionsmitglieder bekannt wurden, heißt es, daß es „keinen Durchführungsplan für die Koordinierung der Maßnahmen zur Föderung der Rückkehrer“ gebe.
Das Projekt Breza gilt jedoch unter Flüchtlingsorganisationen als vergleichsweise erfolgreich: Die muslimischen Flüchtlinge, die vor dem Krieg vor allem in der jetzigen serbischen Republika Srpska lebten, haben wenigstens für einige Jahre eine Perspektive in der kaum zerstörten Kleinstadt. Doch nach fünf Jahren müssen die Familien wieder ausziehen, da die EU nur Rückkehrprojekte an den ursprünglichen Heimatort der Flüchtlinge fördert. In die kleinen Wohnungen sollen dann Menschen einziehen, die auch vor dem Krieg in Breza gelebt haben.
Ein ähnliches Projekt soll im Sommer diesen Jahres für Berliner Roma-Familien starten. 1.200 Menschen sollen zurück in ihre Heimatorte im Kanton Tuzla. Die EU wird das Projekt mit 3 Millionen Mark finanzieren. Insgesamt flossen für Berliner Rückkehr- und Qualifizierungsprojekte bisher 11 Millionen Mark.
Dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) ist das viel zuwenig. Er möchte, daß die Bosnien-Flüchtlinge so schnell wie möglich zurückkehren. So kritisiert er, daß die bisherigen Wiederaufbauhilfen der EU nur zu einem „verschwindend kleinen Teil“ den bosnischen Rückkehrern aus Berlin zugute kommen, wo die EU doch für den gesamten Wiederaufbau von Bosnien-Herzegowina von 1996 bis 1999 rund 10 Milliarden Mark bereitgestellt hat. Julia Naumann
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