Absolution für Walter Momper

■  Zehn Wählerinitiativen werben für SPD-Spitzenkandidat Walter Momper. Seine Fan-Gemeinde verzieh ihm die Putzfrauen-Affäre: „Lieber Walter, geh du deinen Weg, wir stehen dir zur Seite“

Salbungsvoll wie ein Prediger spricht Wolfgang Nagel zur versammelten Gemeinde der Momper-Freunde. Jedes Wort wie Balsam für die Seele des SPD-Spitzenkandidaten. Nagel, der frühere Bausenator und treue Momper-Unterstützer, geißelt die Partei. Die habe Momper so sehr in die Führungsquadriga und all die anderen Gremien „eingebunden“, daß Mompers „Profil bis zur Unkenntlichkeit verblaßt“ sei. „Lieber Walter, geh du deinen Weg. Verbiege dich nicht. Wir werden dir alle zur Seite stehen.“

Nagel präsentiert dann „zehn Freundinnen und Freunde, die nicht verordnet von der Partei, sondern aus eigener Initiative“ Wählerinitiativen für Momper gegründet haben: ÄrztInnen für Momper, KünstlerInnen für Momper, WissenschaftlerInnen für Momper, MigrantInnen für Momper und die Initiative für alle anderen: „BerlinerInnen für Momper“. Die Initiativen dürften vor allem symbolische Wirkung entfalten. Massenhaft Stimmen sind mit dieser Zielgruppenwerbung kaum zu gewinnen. Auf die Botschaft kommt es an: Die kritische Intelligenz der Stadt, wird signalisiert, steht hinter Momper.

Für Peter Senft, Initiator der „GewerkschafterInnen für Momper“ und Zehlendorfer Kreisvorsitzender, ist der SPD-Spitzenkandidat der „Garant“ dafür, daß sich jemand der Betriebe annehme. Volker Ludwig vom Gripstheater, der sich hatte überreden lassen, eine Künstlerinitiative ins Leben zu rufen, sagt: „Rot-Grün ist für mich die einzige Alternative zu Schwarz-Grau.“ Der Genosse Badr Mohammed kündigt an, daß seine Migranteninitiative gezielt ausländische Familien besuchen und über die Abgeordnetenhauswahl informieren wolle. Inge Frohnert von „SeniorInnen für Momper“ lobt Momper als „Bürgermeister zum Anfassen“. In ihm stecke „sehr viel Herz und Menschlichkeit“.

Von so viel Zuspruch sichtlich gerührt, spricht Momper zu seiner Fan-Gemeinde: „Es tut mir gut, so viele Freunde um mich zu haben. Das gibt mir neue Kraft.“ Dann legt er die Beichte ab: „Ihr habt gehört, daß ich mit meiner Putzfrau ins Gerede gekommen bin.“ Er werde die Steuern nachbezahlen, beteuerte Momper und gibt den GenossInnen dann eine präzise Anleitung, wie man seine Putzfrau korrekt bei Finanzamt und Krankenkasse anmeldet.

Den GenossInnen, die angesichts der schlechten Umfragewerte verzagen, liest Momper die Leviten: „Alles muß erkämpft werden, auch eine neue Mehrheit.“ Das Wort Rot-Grün nimmt Momper indes nicht in den Mund, wie der Beobachter der Grünen, Jürgen Wachsmuth, am Rande der Veranstaltung kritisch anmerkt.

Momper läßt durchblicken, daß er die hohen Erwartungen zuweilen auch als Last empfinde, gibt sich aber kämpferisch wie schon lange nicht mehr: „Das Ziel ist zu schaffen, wenn wir es nur wollen.“ Kräftiger Beifall. Nagel flüstert Momper aufmunternd zu: „Gute Rede.“ Schon zuvor hatte er Momper wegen seiner Putzfrauen-Affäre unter dem Beifall der Gemeinde die Absolution erteilt: „Wir tragen dich. Wir sehen dir auch manches nach.“ Parteiintern hat die Putzfrauen-Affäre zwar Verärgerung und Kopfschütteln ausgelöst, doch als Kandidat wird Momper nicht in Frage gestellt. Dorothee Winden