: Clever präsentierte Überbleibsel
■ Bundesregierung erwartet einen behutsamen „Köln-Prozeß“
Bonn (taz) – Das englische Wort „leftovers“ bezeichnet meist denkbar unappetitliche Angelegenheiten: Essensreste zum Beispiel oder auch andere Arten von Überbleibseln. „Die Leftovers von Amsterdam“ nannte ein Kanzlerberater gestern in Bonn, was Gerhard Schröder den EU-Staats- und Regierungschefs auf dem Gipfel am Donnerstag und Freitag aufzutischen gedenkt: ungeklärte Fragen zur künftigen Struktur der Europäischen Union, die als Konsequenz aus dem Amsterdamer Vertrag übriggeblieben sind (siehe Kasten).
Was auf den bisherigen Gipfeln als zu kompliziert oder umstritten verschmäht wurde, landet jetzt auf dem politischen Speiseplan in Köln. Entsprechend schwankend ist die Bundesregierung in ihrer Einschätzung möglicher Ergebnisse des Treffens. Einerseits mühen sich des Kanzlers PR-Manager, den Gipfel als vorgezogenen Abschluß und Höhepunkt der deutschen Ratspräsidentschaft zu definieren und zu präsentieren, die offiziell erst am 30. Juni zu Ende geht. Andererseits möchte man zu hoch gesteckten Erwartungen vorbeugen, um dann nicht gegenüber einem womöglich matten Ergebnis abzufallen.
Die Lösung des Dilemmas läßt gleichermaßen die Trägheit des EU-Reformprozesses erkennen wie die Cleverness der rot-grünen Regierung, sich dadurch nicht die glanzvolle Präsentation des Kölner Treffens nehmen zu lassen. Ein „Orientierungsgipfel“ werde die Begegnung sein, verlautet aus Regierungskreisen, ein „Wegweiser für die kommenden Monate und Jahre“. Was also darf man etwa von dem geplanten europäischen Beschäftigungspakt erwarten?
Es gehe natürlich nicht darum, wiegelt ein anderer Kanzlerberater ab, heute Beschlüsse zu fassen, „und drei Tage später ist die Arbeitslosigkeit weg“. Statt dessen wolle die Regierung einen „Köln- Prozeß“ starten, der den „makroökonomischen Dialog“ befördern soll. Doch auch hierbei führt die Behutsamkeit Regie. Ganz bewußt setzt Bonn auf Dialog, nicht auf Koordinierung. Zu koordinieren, so der Berater, gebe es nämlich zwischen den EU-Volkswirtschaften nichts: Die Zinspolitik macht die Europäische Zentralbank, die Lohnpolitik finde dezentral statt, und die Finanzpolitik müsse als nationales Steuerungsinstrument erhalten werden – sonst bleibe den Mitgliedsstaaten gar keinen Entscheidungsfreiraum mehr.
Für die „Leftovers von Köln“ ist der nächste Gipfel übrigens auch schon wieder geplant: Eine „kleine Regierungskonferenz“ soll sich damit „demnächst“ befassen. Patrik Schwarz
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