: Einverstanden in Ruinen
■ Und dem Frieden zugewandt? Nach wochenlangem Nato-Bombardement hat Jugoslawiens Präsident Milosevic dem internationalen Friedensplan für das Kosovo zugestimmt. Nato zögert mit Feuerpause
Berlin (taz) – Zuerst meldete es gegen 14 Uhr eine finnische Nachrichtenagentur, Minuten darauf bestätigte es ein Sprecher des finnischen Präsidenten Martti Ahtisaari: Der jugoslawische Staatschef Miloevic hat den Friedensplan fürs Kosovo gebilligt. Nach 72 Tagen der Nato-Luftangriffe darf auf ein Ende der Kampfhandlungen gehofft werden.
Zuvor stimmte auch das Parlament der serbischen Republik dem „Dokument der Kosovo-Vermittler der EU und Rußlands“ zu. Es sei ein „Dokument für den Frieden“, das der finnische Präsident Martti Ahtisaari und der Moskauer Kosovo-Beauftragte Wiktor Tschernomyrdin in Belgrad vorgelegt hätten. Es sei akzeptiert worden, weil es die territoriale Integrität Jugoslawiens garantiere, die Rolle der UN bekräftige und – „das ist am wichtigsten“ – eine Grundlage für den Frieden bedeute. Für den Friedensvorschlag haben 136 Abgeordnete gestimmt, dagegen waren 74, alle aus der Radikalen Partei (SRS). Diese kündigte an, die Koalitionsregierung in Belgrad zu verlassen. „Wir werden nicht als Regierungsmitglieder auf eine eventuelle Ankunft der Nato-Aggressoren im Kosovo warten“, sagte Parteichef Vojislav eelj.
Der Friedensplan enthält als wesentliche Punkte:
– Der überprüfbare Rückzug aller Einheiten der jugoslawischen Armee, der serbischen Polizeitruppen und der paramilitärischen Einheiten aus dem Kosovo innerhalb von sieben Tagen.
– Das sofortige und überprüfbare Ende von Gewalt und Unterdrückung im Kosovo. Seit Beginn der Vertreibungen Ende Februar vergangenen Jahres sind etwa 900.000 Menschen aus dem Kosovo vertrieben worden. Ihre sichere Heimkehr durchzusetzen war das Ziel der Nato, die seit dem 24. März mit dem Luftkrieg gegen Jugoslawien begann.
– Nach der Stationierung der Friedenstruppe dürfen einige jugoslawische Soldaten und Polizisten zurückkehren. Ihre Zahl solle aber auf „mehrere hundert“ begrenzt sein. Sie sollen die Grenze und „Orte des serbischen Erbes“ bewachen.
– Wie schon im Abkommen von Rambouillet zugesichert, wird die Souveränität und territoriale Unversehrtheit Jugoslawiens garantiert. Die Untergrundarmee UÇK soll entwaffnet werden.
– Der UN-Sicherheitsrat soll eine Übergangsverwaltung im Kosovo als Teil der internationalen zivilen Präsenz bestimmen, der Sicherheitsrat wird die Autonomie des Kosovo innerhalb der jugoslawischen Republik garantieren.
– Die internationale Friedenstruppe, als „internationale Sicherheitspräsenz“ umschrieben, soll im wesentlichen aus Nato-Soldaten bestehen. Ihre Aufgabe sei es, „ein sicheres Umfeld für die ganze Bevölkerung des Kosovo zu schaffen“.
Bundesaußenminister Joschka Fischer hat die Berichte über eine Annahme des Friedensplans durch Belgrad begrüßt. „Ich denke, dies ist ein sehr guter Tag“, sagte Fischer beim EU-Gipfel in Köln. Er wartete noch auf den Bericht Präsident Ahtisaaris, anschließend müßten die Vereinbarungen auch von den USA und der Nato geprüft werden. Mit einer sofortigen Feuerpause seitens der Nato sei deshalb nicht zu rechnen.
Eine enge Vertraute des gemäßigten albanischen Politikers Ibrahim Rugova hat in der makedonischen Hauptstadt Skopje die Annahme des Friedensplans durch die jugoslawische Regierung als „Beginn des Nato-Siegs über das verbrecherische serbische Regime“ begrüßt. Sie mahnte zugleich zur Vorsicht. Die serbischen Einheiten müßten vollständig aus dem Kosovo abgezogen und Bodentruppen unter Kommando der Nato stationiert werden, sagte sie.
Eine sofortige Umsetzung des von Belgrad akzeptierten Friedensplans sei nach Auffassung von Nato-Generalsekretär Javier Solana für das Bündnis kein Problem. Solana sagte, die Allianz könne „augenblicklich“ mit der Stationierung von Friedenstruppen beginnen. „Der Kern dieser Truppe sei schon vor Ort, ihre Aufstockung auf 50.000 Mann würde „nur sehr kurze Zeit“ in Anspruch nehmen. Stefan Schaaf
Tagesthema Seiten 2 und 3
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