: Indonesiens Zentralismus
Das indonesische Archipel von mehr als 16.000 Inseln zusammenzuhalten, betrachteten Ex-Präsident Suharto und Staatsgründer Sukarno als eine ihrer größten Leistungen. Das Motto des erst nach dem zweiten Weltkrieg unabhängig gewordenen Staates: „Einheit in der Vielfalt“. Was die von Ost nach West über 5.000 Kilometer versprengten Regionen verbindet: Sie sind Erben des holländischen Kolonialreichs – außer der 1976 annektierten portugiesischen Besitzung Ost-Timor.
Die indonesische Armee rechtfertigt ihre enorme politische Macht damit, daß sie als einzige Institution stark genug sei, innere und äußere Gefahren für die Einheit abzuwenden. Dazu gehören nicht nur aufsässige Rebellenarmeen, sondern auch die enorme wirtschaftliche Ungleichheit: Auf der Insel Java zum Beispiel drängt sich zwar die Hälfte der Bevölkerung. Der Reichtum an Erdöl, Gas, Kupfer oder Gold liegt jedoch in den dünn besiedelten Randgebieten, wie Irian Jaya oder Aceh.
Mit eiserner Hand sorgten Suharto und seine Generäle dafür, daß die Reichtümer „umverteilt“ wurden. Ohnmächtig mußten Acehnesen und Irianesen zuschauen, wie Jakarta und Java immer wohlhabender wurden, während nur ein Bruchteil der Gewinne zurückfloß. „Mit unserem Geld haben sie auf Java die besten Schulen und Universitäten gebaut. Aber wir sind zu arm, um unsere Kinder dorthin zu schicken“, klagt Englischdozent Nurdin Rahman in Banda Aceh, der für seine Kritik an Jakarta elf Jahre im Gefängnis saß und schwer gefoltert wurde.
Seit dem Beginn der „Reformasi“-Ära unter Suhartos Nachfolger B. J. Habibie wird klar, welch hohen Preis die Randgebiete für die Einheit des Landes zahlen mußten. Immer mehr Regionen verlangen seitdem, selbst über ihre Wirtschaft und Politik zu bestimmen. Doch bislang halten fast alle einflußreichen Politiker in Jakarta am strikt zentralisierten System fest. Nur der Oppositionskandidat Amien Rais hat sich für ein föderales System ausgesprochen. Doch eine Unabhängigkeit Acehs befürwortet auch er nicht. lie
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