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Beschäftigungspakt zum Nulltarif

EU-Staatschefs verabschieden gemeinsame beschäftigungspolitische Ziele, die kaum über bisherige Beschlüsse hinausgehen. Einzige Neuerung: ein Bündnis der Arbeit auf europäischer Ebene  ■   Aus Köln Daniela Weingärtner

Nichts mußte neu getippt werden: Die Staats- und Regierungschefs strichen lediglich das Wort „Entwurf“ aus der Vorlage der deutschen Präsidentschaft zum Europäischen Beschäftigungspakt. Ohne Änderungswünsche war man sich einig.

Die einmütige Zustimmung zu dem, was in Zukunft der „Köln-Prozeß“ genannt werden soll, hat einen Grund: Der Beschäftigungspakt ist zum Nulltarif zu haben. Beschäftigungspolitische Ziele werden nur in allgemeiner Form festgelegt. Zielquoten, wie die Franzosen sie gern festgeschrieben hätten, kommen nicht vor.

In seinem beschäftigungspolitischen Teil geht der Pakt nicht über die auf dem Luxemburger Gipfel vor zwei Jahren formulierten Ziele hinaus. Bereits jetzt gibt sich die Gemeinschaft jedes Jahr beschäftigungspolitische Leitlinien, die dann in nationale Aktionspläne umgesetzt werden. Auch die besondere Förderung von Jugendlichen, Langzeitarbeitslosen und Frauen, die im neuen Papier wieder auftaucht, stammt schon aus der Luxemburger Entschließung.

Denkbar vorsichtig ist die Form, in der jetzt verbindlichere Ziele festgeschrieben werden sollen: „In geeigneten Fällen sind in den Nationalen Aktionsplänen ergänzende nachprüfbare quantitative Ziele festzulegen.“ Das Papier schweigt sich darüber aus, was „geeignete Fälle“ sind.

Einziger neuer Akzent des Kölner Papiers ist der „makroökonomische Dialog“, ein Bündnis für Arbeit auf europäischer Ebene. Zweimal im Jahr sollen Mitglieder der Ausschüsse für Wirtschaftspolitik und Beschäftigung mit Vertretern der Europäischen Zentralbank und Sozialpartnern zusammenkommen.

Diese Treffen sollen die Grundlage bilden für Gespräche auf politischer Ebene. Vertreter der Ministerräte für Finanzen und Wirtschaft, Arbeit und Soziales, Europäische Gewerkschafter und Arbeitgebervertreter sowie ein Mitglied der Europäischen Zentralbank sollen sich zwei Mal im Jahr über ihre Politiken austauschen.

Der neue Staatssekretär in Hans Eichels Finanzministerium, Caio Koch-Weser, betonte ausdrücklich, daß lediglich „Kooperation“ mit der Europäischen Zentralbank beabsichtigt ist, keine „Koordination“. Diese Sprachregelung soll die Befürchtungen von Zentralbankchef Wim Duisenberg dämpfen, der argwöhnt, daß über den Beschäftigungspakt die Unabhängigkeit der europäischen Geldpolitik ausgehöhlt werden soll.

Auch das Wort „Lohnpolitik“ will Koch-Weser in europäischem Zusammenhang lieber nicht verwenden. Um Großbritanniens Empfindlichkeiten zu schonen, das sich keine Sozialstandards überstülpen lassen will, wird künftig von abgestimmter „Lohnentwicklung“ gesprochen.

Der Beschäftigungspakt ist mit drei Aufträgen an die Kommission verbunden: Sie soll ermitteln, wie der Markt dereguliert und damit mehr Beschäftigung geschaffen werden kann. Sie soll Maßnahmen ausarbeiten, die die Transparenz vergrößern. Und sie soll herausfinden, ob niederqualifizierte Beschäftigung durch den französischen Vorschlag gefördert werden kann, die Mehrwertsteuer für solche Jobs zu senken.

Diese Maßnahme, die Billigjobs von Nebenkosten entlasten würde, könnte Wirkung zeigen, wäre aber nicht umsonst zu haben. Deshalb dämpfte der deutsche Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye mit Hinweis auf die Haushaltslage sofort die Erwartungen: 40 bis 50 Milliarden Mark Mindereinnahmen würde der Vorschlag für den Staat bedeuten – ganz sicher zu viel. Nur eine kleine Auswahl käme daher in Frage.

Als „Maßnahmen zum Anfassen“, die über Absichtserklärungen hinausgehen, nannte der Regierungssprecher umgerechnet rund eine Milliarde Mark, die die Europäische Investitionsbank zusätzlich für Risiko-Kapital bereitstellen will. Zwei Milliarden sollen in Investitionen für Hochtechnologie fließen.

Konkrete Beschäftigungsprogramme aber will die Gemeinschaft nicht auflegen. Der deutsche Regierungssprecher rechnete vor, daß das die Deutschen teuer käme: Da sie allein 30 Prozent des EU-Haushaltes aufbringen, aber andere Länder wesentlich höhere Arbeitslosenquoten haben, flösse deutsches Geld nicht länger in deutsche, sondern zum Beispiel in spanische Beschäftigungsprogramme.

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