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Im Regen unterm Regenbogen

GAL-Abspaltung kritisiert Ergebnisse des Dortmunder Netzwerk-Treffen  ■  Von Marco Carini

Der Tag nach Dortmund: Die Stimmung in den Räumen am Speersort ist merklich gedrückt. In dem Bürotrakt, den sich die Abgeordneten und MitarbeiterInnen der neugegründeten Regenbogengruppe noch mit der GAL teilen, macht das Wort vom „klassischen Fehlstart“ die Runde. „Das war nicht der ermutigende Beginn, den ich mir von einem linken Netzwerk gewünscht hätte“, mault etwa die Regenbogen-Bürgerschaftlerin Susanne Uhl. „Diese Polarisierung kommt zu früh“, befindet knapp Gruppen-Sprecherin Heike Sudmann.

Bis zuletzt hatten vor allem Mitglieder des Hamburger Regenbogens vor und hinter den Kongreß-Kulissen versucht, die Spaltung des erst Minuten vorher gegründeten Netzwerks aus „Grünen, Nicht-mehr-Grünen und Noch-Nie-Grünen“ zu vermeiden. Ihr Ziel: Verhindern, daß die in Dortmund anwesenden Funktionsträger des linken Grünen-Flügels durch einen Aufruf zu einem Wahlboykott der Grünen zum sofortigen Ausstieg aus dem neuen Netzwerk provoziert werden. „Wir brauchen die Kompetenz dieser Leute für unser Netzwerk“, mahnte Sudmann.

Doch die Warnungen waren vergebens. Der nordrhein-westfälische Altlinke Eckart Stratmann ließ sich auch von den HamburgerInnen nicht davon überzeugen, seinen Antrag, die „Kriegsparteien“ einschließlich der Grünen bei der Europawahl nicht zu wählen, durch eine „weichere Formulierung“ zu ersetzen. Stratmann zog durch, und die Mehrheit der Anwesenden zog mit. „Schein-Radikalität“, fauchte Regenbogen-Mitbegründer Norbert Hackbusch unmittelbar nach der Abstimmung. Die Hamburger Regenbogen-MitstreiterInnen, von denen einige einen Europawahlboykott der Grünen „persönlich richtig“ finden, üben sich nun in Schadensbegrenzung. „Wir sind erst in der Halbzeitpause, das Spiel ist noch nicht vorbei“, versucht etwa der prominente Kriegsgegner Uli Cremer den Dortmunder Beschluß und die Austrittsankündigungen grüner Mandatsträger wie Annelie Buntenbach und Christian Ströbele herunterzuspielen. Auch Sudmann hofft, die Verprellten wieder zurückgewinnen zu können: „Wir haben den Ball vorm Pausenpfiff über die Tribüne gedroschen, jetzt müssen wir ihn halt zurückholen.“

Ob die Rückholaktion noch gelingt, ist fraglich. Gestern schob et-wa der Rendsburger Grüne Ralf Henze für die parteiinterne Initiative „Basisgrün“ die Ankündigung nach, man werde sich „aus dem geplanten linken Bündnis zurückziehen“, da die Forderungen an die Grünen-Mitglieder „auch die Selbstverleugnung beeinhalten“. Susanne Uhl ist trotzdem „verhalten optimistisch, den im Herbst geplanten Strategiekongreß gemeinsam mit allen bisher Beteiligten hinzukriegen“. Dazu aber werden noch viele Gespräche hinter den Kulissen vonnöten sein.

„Regenbogen-Jour-Fixe“ zum Thema: „Wie war Dortmund?“ heute, 19.30 Uhr, im Gemeindesaal St. Stephanus, Lutterothstraße 98.

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