: Nato: Wer nicht hören will, muß fühlen
■ Nach dem Abbruch der Gespräche zwischen Vertretern der Nato und der jugoslawischen Armee nimmt die Nato ihre Luftangriffe wieder auf. G-8-Staaten konnten sich zunächst nicht auf Kosovo-Resolution einigen
Berlin (taz) – Zwischen den Positionen Rußlands und der EU sowie der Vereinigten Staaten bestehen nach wie vor deutliche Differenzen, wie eine Kosovo-Resolution des UN-Sicherheitsrats aussehen müsse. Dies wurde gestern beim Treffen der Außenminister aus den sieben westlichen Industriestaaten und Rußlands (G 8) auf dem Petersberg bei Bonn offensichtlich. Vor allem bei dem von der Nato beanspruchten Kommando über die internationale Truppe legte Rußlands Außenminister Igor Iwanow Widerspruch ein. Er sagte am Montag, die Nato versuche, Dinge in dem Resolutionsentwurf unterzubringen, die über die getroffenen Vereinbarungen hinausgingen. Wie es hieß, fordert Rußland ein Ende der Nato-Luftangriffe, bevor es einer UN-Resolution zustimmen werde. Der russische Außenminister machte die Nato auch dafür verantwortlich, daß die Gespräche der Militärs über einen Rückzug der serbischen Einheiten vorerst gescheitert sind.
Dennoch erwartete der italienische Außenminister Lamberto Dini eine Verständigung noch am Abend. Danach soll der Text mit der Bitte, den Sicherheitsrat einzuberufen, sofort nach New York übermittelt werden. Die Außenminister der G-8-Staaten beraten dann erneut am Mittwoch und Donnerstag in Köln mit ihren Kollegen aus den Balkan-Anrainerstaaten.
Der britische Nato-Generalleutnant Michael Jackson gab in der Nacht zum Montag den vorläufigen Abbruch der Gespräche zwischen militärischen Vertretern der Nato und Jugoslawiens über einen Truppenrückzug aus dem Kosovo bekannt und stellte damit die Umsetzung der Übereinkunft von Belgrad in Frage. Jugoslawiens Präsident Slobodan Miloevic sagte gestern indes die Einhaltung des G-8-Friedensplans zu.
Die Nato beantwortete die Haltung der serbischen Militärunterhändler mit einer Intensivierung der Luftangriffe. Am Sonntag flogen ihre Piloten 483 Einsätze, davon rund 142 Bombenangriffe auf serbische Kampfverbände und Militärdepots. Die Nato kündigte an, sie wolle nun wieder so viele Einsätze fliegen wie vor der Einwilligung Miloevic' zu dem Friedensplan. In Belgrad waren erstmals wieder Luftschutzsirenen zu hören. Serbische Artillerie beschoß am Sonntag abend und gestern früh das von Albanern bewohnte makedonische Dorf Jazince nahe der Grenze zum Kosovo. Niemand sei dabei verletzt worden.
Flüchtlinge aus dem Kosovo, die am Wochenende Makedonien und Albanien erreichten, berichteten von Folter, Gewalt und Zerstörung. Viele der 407 am Wochenende in Makedonien Eingetroffenen berichteten, sie seien erst kurz zuvor aus Gefängnissen entlassen worden. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat in Nordalbanien, wo bereits 100.000 Flüchtlinge ausharren, Nahrungs- und Hilfsgüter für weitere 100.000 bereitgestellt. Die Organisation geht davon aus, daß sich viele der 400.000 Flüchtlinge in Albanien auf den Weg zur Grenze machen werden, falls sie in ihre Heimat Kosovo zurückkehren können. Stefan Schaaf
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