: Ökosteuer Baseler Art
Strom wird drastisch teurer, trotzdem kommen Sparsame besser weg als vorher. Verschwender werden bestraft ■ Von Bernward Janzing
Freiburg (taz) – Alle Haushalte und Betriebe in Basel werden demnächst Post aus dem kantonalen Baudepartement erhalten. Der Inhalt des Schreibens wird erfreulich sein: Jeder Bürger im Kanton Basel-Stadt, egal wie alt, wird im Herbst 35 Franken (etwa 42 Mark) ausbezahlt bekommen. Zusätzlich gibt es 35 Franken für jeden Haushalt. Das Geld stammt aus einer Lenkungsabgabe auf Strom, die Basel als erster Kanton der Schweiz nach Verabschiedung eines neuen Energiegesetzes jetzt eingeführt hat. Rückwirkend zum 1. April wird Strom um 25 Prozent teurer – für Haushalte wie auch für das Gewerbe.
Privathaushalte müssen 5,6 Rappen (knapp 7 Pfennig) je Kilowattstunde in der Hochtarifzeit tagsüber zusätzlich zahlen und 2,6 Rappen (gut 3 Pfennig) in der Niedrigtarifzeit nachts. Das Gewerbe bezahlt 6 Rappen (rund 7 Pfennig) zur teuren und 4,3 Rappen (rund 5 Pfennig) zur billigen Zeit.
Rund 50 Millionen Franken (60 Millionen Mark) wird der Stromversorger Industrielle Werke Basel auf diese Weise im Auftrag der Kantonsregierung jährlich einsammeln. Weil man mit dem Geld aber nicht die öffentlichen Haushalte oder die Rentenkasse sanieren will, sondern allein den Energieverbrauch senken will, fließt das Geld auf direktem Weg wieder an die Bürger zurück. Der Zweck der Aktion: Sparsame Haushalte profitieren auf diese Weise von der Lenkungsabgabe, Verschwender zahlen hingegen drauf. Im Mittel bezahlen aber alle genausoviel wie vorher.
Bei den Industriebetrieben ist die Regelung vergleichbar: Gewerbliche Kunden bekommen einen Bonus in Höhe von 0,5 Prozent der Summe ihrer Zahlungen an die Arbeitslosenversicherung. Firmen mit einer höheren Mitarbeiterzahl erhalten damit auch eine höhere Prämie ausgezahlt – bewußt soll damit ein arbeitsmarktpolitisches Signal gesetzt werden.
Allerdings war die Stadt dabei nicht konsequent. Für die größten Stromkunden der Stadt gibt es Ausnahmen. Die Basler Chemiemultis bekommen einen Sondertarif, ebenso die Schweizerischen Bundesbahnen. Auch andere Betriebe können Sonderregelungen beantragen, wenn sie nur wenige Beschäftigte haben, ihr Stromverbrauch aber betriebsbedingt hoch ist. Damit wird vermieden, daß die Abgabe zu ungewöhnlichen Härten führt. „Ich bin stolz darauf, daß Basel als erster Kanton die Lenkungsabgabe eingeführt hat“, sagt die Baseler Regierungsrätin Barbara Schneider. Mit der Lenkungsabgabe werde verhindert, daß eine Senkung der Strompreise, wie sie durch das neue Energierecht bedingt sei, zur Energieverschwendung animiere. Auch die Stadtwerke IWB loben das Konzept als „zukunftsweisendes System der Energiekostenberechnung“. Zumal der Verwaltungsaufwand und damit die Verwaltungskosten der Lenkungsabgabe extrem gering sind: Die Administrationskosten, so heißt es beim Baseler Baudepartement, seien „bequem aus den Zinsen zu bezahlen“ – denn zuerst wird die Abgabe kassiert, und erst wenig später wird das Geld als Bonus wieder ausgeschüttet.
„Kaiseraugst-Dividende“ nennt die Basler Zeitung erfreut das neue Gesetz. Denn wenn in den siebziger Jahren das geplante Atomkraftwerk Kaiseraugst vor den Toren der Stadt Basel nicht verhindert worden wäre, hätte man heute kaum ein solches Stromsparprojekt ins Leben gerufen – man hätte dann schließlich die Überkapazitäten auf dem Markt losschlagen müssen.
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