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Wenn Schröder mit den Großen pinkeln geht

■ Der Kanzler will die Arbeitsgemeinschaften der SPD abschaffen, pardon: „reformieren“

Berlin (taz) – „Wenn uns die Partei auflösen will, wird es einen Aufstand geben“, sagt Klaus Hahnzog, der Vorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen (ASJ). Aus der Zeitung hat er von den Plänen erfahren, die zehn Arbeitsgemeinschaften der Partei „neu zu definieren“.

„Wir sind manchmal unangenehm“, sagt Hahnzog: „Bei uns arbeiten Leute mit viel Sachverstand – kann sein, daß das manchen ärgert.“ Die ASJ hatte im vergangen Jahr mit ihrem Protest gegen den Großen Lauschangriff Parteivorstand und Fraktion genervt.

SPD-Bundesgeschäftsführer Schreiner hat eine „Reform der Zielgruppenarbeit“ angemahnt. Bis zum Herbst sollen die Parteigruppierungen klar machen, wie auch sie ihrer Aufgabe gerecht werden können. Und die ist: die „die neue Mitte anzusprechen und für die Sozialdemokratie zu gewinnen“. Niemand wolle die Arbeitsgemeinschaften abschaffen, heißt es dazu im Ollenhauer-Haus. Aber der Parteivorstand will die Strukturen „überprüfen und reformieren“. Schon lange gibt es in der SPD Kritik, daß die AGs zwischen Partei und Gesellschaft nicht mehr recht vermitteln können.

Die Vorsitzenden der AGs akzeptieren manche Kritik, vermuten hinter dem Papier aus dem Parteivorstand freilich noch etwas anderes: Hahnzogs ASJ und Rudolf Dreßlers Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA), aber auch die unbequemen Jusos sind Bundeskanzler Schröder lästig. Am liebsten würde er sie ganz auflösen. „Die SPD steht vor einer Richtungsentscheidung“ munkelt man in der AfA, in der vor allem Betriebsräte und Gewerkschafter organisiert sind. Das ist nicht die gesuchte Neue Mitte, das sind die SPD-Stammwähler.

AfA-Vertreter kritisieren zudem, die Partei lasse ihre Organisation ausbluten: „Die Millionen werden lieber in Werbekampagnen investiert.“ Der Juso-Vorsitzende Benjamin Mikfeld klagt: „Die SPD will nach amerikanischem Modell einen Parteiapparat aufbauen, der alles in der Hand hält – der Rest der Partei soll nur noch Beifall klatschen.“ Und seine Vorgängerin, die Bundestagsabgeordnete Andrea Nahles, sieht das ganz schlicht: „Unsere Oberen wollen jetzt mit den Großen pinkeln gehen.“ Tina Stadlmayer

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