: Verfassungsgerichtsstreit beendet
Brandenburgs Landtag hat Florian Havemann mit großer Mehrheit zum Verfassungsrichter gewählt. Der PDS-Kandidat erhielt auch CDU-Stimmen ■ Aus Potsdam Georg Gruber
„Ich will ja kein Ergebnis wie Erich Honecker“, scherzte Florian Havemann während der Stimmenauszählung. Und dann kam es doch fast so. Mit 67 von 84 abgegebenen Stimmen wurde der Künstler aus Kreuzberg gestern vom Brandenburger Landtag zum Verfassungsrichter gewählt. Kurz vor der Wahl standen die Wetten noch 50:50, ob der PDS-Kandidat die notwendige Zweidrittelmehrheit von 59 Stimmen erhalten würde.
Die Wahl der Rechtsanwältin Sarina Jegutidse, auch sie von der PDS nominiert, war keine Überraschung. Der 47jährige Havemann jedoch schien vielen suspekt: Der CDU, weil er kein Jurist ist – obwohl nach der Brandenburger Verfassung drei der neun Richter Laien sein dürfen. Teile der SPD hatten ähnliche Bedenken. Unklar war auch, wie es bei den PDS-Abgeordneten ankommen würde, daß Havemann sich bei jeder Gelegenheit von ihr distanzierte.
Havemanns unbekümmertes Auftreten und die parteipolitische Unabhängigkeit scheint viele Skeptiker überzeugt zu haben. „Das Gericht kann von seinen Fragestellungen profitieren“, erklärte etwa Brandenburgs parteiloser Justizminister Hans Otto Bräutigam. Auch mindestens zwei CDU-Politiker haben für den Sohn des bekannten DDR-Dissidenten Robert Havemann votiert. Großer Verlierer ist CDU-Fraktionschef Wolfgang Hackel, der für sein Mantra „Havemann ist nicht qualifiziert“ auch aus den eigenen Reihen kritisiert wurde.
Klare Gewinner der Wahl sind die PDS und die SPD. Von einem „gemeinsamen Erfolg“ sprach SPD-Fraktionssprecher Ingo Dekker. Im ersten Anlauf vor einem halben Jahr waren die PDS-Kandidaten, die Autorin Daniela Dahn und der Rechtsprofessor Martin Kutscha, im Landtag gescheitert – trotz einer ersten positiven Probeabstimmung in der SPD-Fraktion.
„Ich fühle mich als loyaler Staatsbürger verpflichtet“, so hatte Havemann seine Kandidatur für die PDS begründet. Als 16jähriger war er in der DDR wegen „staatsfeindlicher Hetze“ inhaftiert worden. 1971 floh er in den Westen und mied seitdem die politische Bühne, bis zu seiner überraschenden Nominierung Anfang Mai. Der neue Verfassungsrichter will den Parteienstreit nun so schnell wie möglich hinter sich lassen: „Ich habe Hackel die Friedenspfeife vorgeschlagen und er hat ja gesagt.“
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