piwik no script img

Hummelsbüttel homofrei

■ Am Ungeist gescheitert: „Lebenshaus“ für seniorige Lesben und Schwule

Ein kuscheliger Altersruhesitz im Grünen hatte das „Lebenshaus“ werden sollen, ein Ort, wo gleichgeschlechtlich Liebende ihren Lebensabend verbringen können. Doch der Initiator Sven Mai und der eigens gegründete Verein „Gay & Grey“ hatte die Rechnung ohne die selbstgerechten Hummelsbütteler Biederleute gemacht.

„Schwul“ hörten sie nur und „Sauna“ und erschauderten. Schrille Sexorgien tauchten vor ihrem geistige Auge auf (und das, wo das „Lebenshaus“ Panorama-Fenster hat!). Aber nicht nur diese Flut geistig-moralischen Verfalls bedroht den halbwüchsigen Nachwuchs der Hummelsbüttler. Ein Homoseniorenheim würde auch Heerscharen drogensüchtiger Stricher in den Villen-Vorort schwemmen und die Idylle für immer vernichten. Man sah sie schon im eigenen Vorgarten stehen. Neben den Geranien und Gartenzwergen.

Anführer des Hummelsbütteler Aufschreis ist der Staatsanwalt Wolfgang Arnold. Die Grundstückspreise würden durch den Homo-Zuzug sinken, genau wie bei einer Mülldeponie. „Wir wollen in Ruhe leben und sind extra aus der Stadt rausgezogen, nun ziehen die Probleme hinterher“, so die Staatsanwalt-Gattin.

Doch nicht alle schlossem sich den menschenrechtsfeindlichen Ansichten des Staatsanwaltes an. Über dreißig AnwohnerInnen sammelten Unterschriften gegen Arnold & Co. Auch die Hamburger Politniks heulten auf ob der offenen Diskrimierung. Zu spät: Projekt-Gründer Sven Mai hat das Handtuch geworfen, denn kein Schwuler und keine Lesbe würde sich eine solche Nachbarschaft freiwillig antun. Jetzt will er sich in weniger gestörten Stadtteilen wie St. Georg nach geeigneten Wohnraum umsehen. Gegen Staatsanwalt Arnold wurden mehrere Strafanzeigen erstattet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen