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AfB-Gründer Lenz gibt auf

■ Lenz: Die AfB soll in Bremerhaven nicht mehr kandidieren / Naturschützer lehnen „historischen Kompromiß“ über Hollerland-Bebauung ab / Klage vor EU-Gerichtshof?

Werner Lenz, der frühere Bremerhavener Oberbürgermeister und Bremer Wirtschaftssenator, der neben Friedrich Rebers 1995 die zentrale Gründungsfigur der Wählerinitiative „Arbeit für Bremen“ (AfB) war, hat einen Schlußstrich gezogen und die AfB praktisch aus der Politik abgemeldet. „Die AfB hat ihre Mission erfüllt“, erklärte Lenz gegenüber der Nordsee-Zeitung, sie sollte sich nach der verheerenden Wahlniederlage bei den Landtagswahlen nicht mehr in Bremerhaven zur Kommunal-wahl stellen. Auch in Bremerhaven sollte nach dem 26. September eine große Koalition gebildet werden, empfiehlt Lenz, damit eine „stabile, handlungsfähige Mehrheit“ in der Stadtverordnetenversammlung zustande komme.

Für Lenz war die Gründung der AfB dabei erfolgreich in dem Sinne, daß die SPD sich von ihrem rotgrünen Kurs abwandte. Der Wahlerfolg der SPD-Abspalter erzwang 1995 die große Koalition.

Hartmut Frensel, nach dem Übertritt von Elke Kröning zur SPD neuer Landesvorsitzender der AfB, hat daraufhin Werner Lenz aufgefordert, auch die AfB zu verlassen. Er sei „sehr optimistisch“, daß der Stadtverband Bremerhaven der AfB anders entscheide, als Lenz jetzt öffentlich vorschlage.

Scharfe Reaktionen hat unterdessen das Papier aus dem Rathaus provoziert, nach dem im Naturschutzgebiet Hollerland eine regelrechte „Hollerstadt“ entstehen soll. Dabei soll es sich nicht nur um eine Erweiterung des Technologieparks handeln, sondern auch um neue Wohngebiete. Für diesen Stadtteil müßte dann auch die seit zwei Jahren umstrittene Hollerland-Straße von der Autobahnabfahrt Richtung Borgfeld gebaut werden.

Für die Aufhebung des Naturschutzes müsse ein „einmaliger historischer Kompromiß mit den Naturschutzverbänden“ angestrebt werden, die auf ihre Klagerechte verzichten sollen. Der Naturschutzbund NABU hat diesen historischen Kompromiß schon abgelehnt. „Spätestens vor dem Europäischen Gerichtshof wird der Senat sich eine blutige Nase holen“, meinte der NABU. Planungs- und Gerichtskosten sollten lieber in Schulreparaturen fließen.

Bisher findet diese Idee, die der Abteilungsleiter im Rathaus, Jürgen Holtermann, aufgeschrieben hat, allerdings auch auf der SPD-Seite keine Zustimmung. „Das kommt für mich überhaupt nicht in Frage“, reagierte SPD-Fraktionschef Christian Weber verärgert. Der Vorstoß sei mit der SPD nicht einmal „zu diskutieren“. Auch Parteichef Detlev Albers hatte die „Hollerstadt“ abgelehnt.

„Ein klarer Fall von Wahlbetrug“ wäre ein Beschluß über die Bebauung des Hollerlandes auch für die Grüne Helga Trüpel. Die SPD habe sich in der Hollerland-Frage im Wahlkampf klar festgelegt. „Es wird sich zeigen, ob die Partei mehr ist als ein Henning-Scherf-Wahlverein.“

Das Papier „Wirtschaft und Häfen“, in dem von der Fachabteilung im Rathaus die Hollerland-Pläne als Material für die Koalitionsverhandlungen ausgebreitet werden, enthält außerdem die bekannten Vorstellungen des Wirtschafts-Staatsrates Frank Haller (bis hin zur Untertunnelung der Martini-Straße). Im Vorwort plädiert Scherfs Abteilungsleiter dafür, daß die SPD aufgrund ihrer Stärke nach den Wahlen das Wirtschafts-Ressort personell besetzt.

Auffallend ist, daß die alten Hafenreviere in diesem Stadtentwicklungs-Szenario unter der Überschrift „Wirtschaft und Häfen“ mit keinem Wort erwähnt werden.

K.W.

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