: Ausschwingender Ausgleich
Vier Feuchtgebiete sollen Wasservögeln schmackhaft gemacht werden, falls der A3XX auf dem Mühlenberger Loch gebaut wird ■ Von Sven-Michael Veit
Als Ornithologe hat sich Dr. Thomas Mirow bislang nicht profiliert; aber er arbeitet daran. Denn für Vögel tut Hamburgs SPD-Wirtschaftssenator alles. Und wenn zum Wohle des Standorts, der Wirtschaftskraft und der Arbeitsplätze die Wasservögel aus dem Mühlenberger Loch zu verschwinden haben, dann sollen sie nicht nur eine neue Heimat bekommen, sondern derer gleich vier.
Auf Hahnöfersand, Twielenflether Sand, Haseldorfer Marsch und Hörner Au sollen Brandgänse, Löffel- oder Knickenten ausweichen, wenn etwa 170 Hektar der Elbbucht zwecks Erweiterung des Dasa-Werkes Finkenwerder zugeschüttet werden sollte. Das ist vom Senat vorgesehen, falls die Fertigung des Riesen-Airbus A3XX an Hamburg vergeben wird.
Auf diese ökologischen Ausgleichsflächen habe sich Hamburg mit den Nachbarländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein verständigt, gab Mirow gestern im Rathaus nach der Senatssitzung bekannt. Damit seien „die Voraussetzungen für einen Planfeststellungsbeschluß geschaffen“, freute sich der Senator.
Zwei Drittel von Hahnöfersand sollen zu einem rund 100 Hektar großen Wattgebiet umgestaltet werden, das künftig das Hamburger Jugendgefängnis auf der zu Niedersachsen gehörenden Elbinsel umschließen würde (siehe Skizze oben). Dann können „unsere unfreiwilligen Gäste sich am Anblick von Löffelenten erfreuen“, kommentierte Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD), die den Senatsbeschluß „voll“ mitträgt.
Ebbe und Flut sollen auch die etwa 400 Hektar große Haseldorfer Marsch südlich der Gemeinden Hetlingen und Haseldorf zu einem ökologisch hochwertigen Feuchtgebiet „mit Süßwasserwatt und Flachwasserzonen“ machen. Dazu würde in den nach der Sturmflut von 1976 erbauten neuen Deich bei Haseldorf ein Sperrwerk errichtet, „das lediglich Sturmfluten abwehrt“, ansonsten aber ein „freies Ein- und Ausschwingen der Tide“ über den Twielenflether Sand ermöglichte. Zusätzlich ist vorgesehen, die 375 Hektar große Hörner Au zwischen Elmshorn und Itzehoe zu einem Feuchtgebiet umzugestalten.
All das werde, so Mirows Hoffnung, für Wasservögel attraktive „Lebensgrundlagen im vernetzten Verbund“ schaffen, die den „Teileingriff“ ins Mühlenberger Loch mehr als ausgleiche – wenn dieser überhaupt erforderlich wird. Denn die erhoffte Auftragsvergabe für den A3XX nach Finkenwerder, räumte Mirow ein, „ist noch völlig offen“. Es gebe aber ermutigende Signale. Er sei „optimistisch“, daß die Entscheidung des Airbus-Konsortiums „bald und positiv“ falle.
Die Koalitionspartner SPD und GAL begrüßten gestern erwartungsgemäß den Senatsbeschluß; der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) kritisierte ihn. Haseldorfer Marsch und Twielenflether Sand sind bereits Naturschutzgebiete mit schützenswerter Flora und Fauna, so BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch. Diese zu verdrängen, sei ja wohl „nicht der Sinn von Ausgleichsmaßnahmen“.
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