: Erste Schritte aus dem Versteck
■ UN verteilt erstmals Hilfsgüter nach KFOR-Einmarsch an Kosovaren. UNHCR warnt Albaner vor überstürzter Rückkehr. Bis jetzt 37.000 Serben aus dem Kosovo geflüchtet
Freudentränen, Umarmungen und Sträuße aus Wiesenblumen: So begrüßten Tausende Kosovaren den ersten nach dem Einmarsch der KFOR gestarteten UN-Hilfskonvoi am Montag abend in Glogovac. Wochenlang hatten sich die Menschen aus Angst vor serbischen Einheiten in den Bergen und umliegenden Wäldern versteckt. Viele Flüchtlinge seien unterernährt und krank, berichteten Vertreter des Welternährungsprogramms (WFP).
Der UNHCR geht von insgesamt 50.000 Vertriebenen in Kosovo aus, die in den vergangenen Wochen in Verstecken unter menschenunwürdigen Bedingungen ausgeharrt haben. Gestern sollte nach Angaben von UNHCR-Sprecherin Judith Kumin ein neues UNHCR-Team mit ärztlichem Personal in Glogovac eintreffen. Man rechne mit zahlreichen neuen Vertriebenen, die von den Hügeln herunterkämen, wenn sich die Nachricht von der Ankunft der Hilfsorganisationen verbreite. Zwei weitere Teams würden die Situation der Vertriebenen in Prizren und der Gegend um Pritina erkunden. Täglich werde ein Konvoi mit Hilfsgütern von Makedonien nach Pritina fahren.
Die UN-Organisation warnte alle Kosovo-Albaner, die nach Albanien, Makedonien und Montenegro geflüchtet sind, jetzt ins Kosovo zurückzukehren. Vor dem vollständigen Abzug der serbischen Sicherheitskräfte und der Minenräumung zumindest der wichtigsten Straßen sei die Rückkehr zu riskant, sagte Kumin.
Trotz aller Warnungen haben am Montag je 300 kosovo-albanische Flüchtlinge in Albanien und Makedonien die Grenzen überquert, um auf eigene Faust in ihre Dörfer zu gelangen. Deutsche Soldaten hätten den Hauptgrenzübergang Morini in Nordalbanien geöffnet, um zu verhindern, daß Flüchtlinge über die grüne Grenze ins Kosovo zurückkehrten, sagte Kumin. In Lipljan, südlich von Pritina, starb am Montag eine Frau, als sie auf eine Mine trat.
Unterdessen dauerte die Flucht serbischer Zivilisten aus dem Kosovo weiter an. Nach Angaben von Hilfsorganisationen haben seit dem Einmarsch der KFOR bereits mehr als 37.000 serbische Zivilisten das Kosovo verlassen. Innerhalb eines Tages waren nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz erneut 14.000 Menschen aus der südserbischen Provinz geflüchtet. Das UNHCR zählte innerhalb von fünf Tagen am Grenzübergang Rozaje in Montenegro weitere 13.300 serbische Flüchtlinge. Kumin betonte, für die Sicherheit der Serben im Kosovo könne das UNHCR nicht garantieren. Dies müßte die KFOR tun, die aber noch nicht überall stationiert sei. bo
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