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Pappe in Pink

 In der Fahrschule „Fahr out“ können Schwule und Lesben Führerschein in homofreundlicher Umgebung machen  ■   Von Dorothee Winden

„Mein Fahrlehrer macht so blöde Sprüche.“ Die Klage hat Rene Geintzer des öfteren zu hören bekommen. Junge Fahrschüler, die als Schwule zu erkennen sind, haben ihm in letzter Zeit gehäuft von schwulenfeindlichen Bemerkungen ihrer Ausbilder berichtet.

Die homophoben Sprüche treffen die Jugendlichen meist in einem Alter, in dem sie mitten im Coming-out sind und ihr Selbstwertgefühl noch nicht so ausgeprägt ist. Der 43jährige Fahrlehrer beschloß, eine Alternative anzubieten. Den Führerschein kann man künftig auch im schwulen- und lesbenfreundlichen Umfeld machen.

Geintzer, der seit drei Jahren Geschäftsführer einer Berliner Fahrschule ist, will mit seiner Firma Flagge zeigen: In Inseraten wirbt er mit der Regenbogenfahne der lesbisch-schwulen Community, und gerade hat er seine Fahrschule in „Fahr Out“ umbenannt. Für den 43jährigen mit dem Raverbärtchen ist sein berufliches Coming-out ein Politikum. Ihm geht es darum, „ein Stück schwules Selbstbewußtsein zu vermitteln.“

Geintzer erinnert sich noch die ersten Christopher-Street-Day-Demonstrationen Anfang der 80er Jahre, als selbst in Berlin nur 250 Lesben und Schwule für ihre Rechte auf die Straße gingen. Mit seinem Beispiel will er auch andere schwule Fahrlehrer zu diesem Schritt motivieren. „Die glauben vielleicht, daß sie dadurch Nachteile haben.“ Doch Geintzer glaubt nicht, daß etwa Fahrprüfer Ressentiments gegen Schwule haben. „Das ist für Prüfer kein Problem.“

Ohnehin unterscheiden sich weder der Theorieunterricht noch die Fahrstunden von einer gewöhnlichen Fahrschule. Und bis auf den gelben Schriftzug „Fahr out“ über dem Ladenlokal in der Moabiter Geschäftsstraße unweit des Regierungsviertels hebt sich die Fahrschule nicht hervor. Doch das Werben um schwule und lesbische Kunden zahlt sich für Geintzer auch aus. Für ihn ist es ein wirtschaftlicher Vorteil, eine Kundengruppe an sich zu binden. Er schätzt, daß er künftig mehr schwule und lesbische Fahrschüler bekommt.

Thomas Brüggemann, der vor einer Woche seinen Motorradführerschein bestanden hat, fand durch ein Inserat zu „Fahr Out“: „Als ich die Anzeige gesehen habe, war alles klar.“ „Wenn man aus der gleichen Minderheit kommt, versteht man sich schneller“, sagt der 42jährige Psychologe. Außerdem mache es ihm dann mehr Spaß zu lernen.

Der passionierte Motorradfahrer, der eine Regenbogenfahne auf dem Helm trägt, fügt hinzu: „Wenn ich in eine schwule Fahrschule gehe, weiß ich auf jeden Fall, daß ich nicht diskriminiert werde.“

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