Expedition auf dem Meeresgrund

■ Das Forschungsschiff „Polarstern“ bricht mit dem Tauchboot in die Arktis auf, um Meeresregionen im Nordpolargebiet zu analysieren

6.000 Meter unter der Meeresoberfläche sieht die Welt ein wenig anders aus, als wir sie kennen. Die technischen und wissenschaftlichen Möglichkeiten der Tiefseeforschung entwickeln sich zwar Jahr für Jahr fort. Dennoch sind unter Wasser noch längst nicht alle Gebiete erkundet und alle Entwicklungsprozesse entschlüsselt.

Das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) könnte bei Untersuchungen dieser Art bald einen gewaltigen Schritt nach vorne schaffen. Am Mittwoch, 23. Juni, schickt es das Forschungsschiff „Polarstern“ von Bremerhaven aus auf Expedition in Richtung Arktis. Mit an Bord ist auch ein ferngesteuertes Tiefseefahrzeug namens „VICTOR 6000“. Mit dem unbemannten Tauchboot wollen die Wissenschaftler des Instituts erstmals die tiefsten Meeresregionen in den Nordpolargebieten analysieren.

VICTOR ist ein etwa vier Tonnen schweres Fahrzeug von der Größe eines Kleinwagens. Es wurde vom AWI in spezieller Zusammenarbeit mit dem französischen Institut für Meeresforschung IFREMER (Institut Francais de Recherche pour l'Exploration de la Mer) entwickelt. Bei seiner Expedition in der Grönlandsee ist das Tauchboot über eine Art Nabelschnur mit dem Eisbrecher „Polarstern“ verbunden. Das deutsch- französische Wissenschaftlerteam an Bord des Mutterschiffes kann VICTOR dadurch problemlos bis zu 6.000 Meter tief tauchen lassen. Greifarme und Kameras des Tiefseegefährtes funktionieren ebenfalls ferngesteuert.

Die Forscher hoffen besonders im Gebiet zwischen Grönland und Spitzbergen auf neue Erkenntnisse über die Lebewesen auf dem Meeresgrund. Außerdem werden sie über VICTOR Boden- und Wasserproben entnehmen und auswerten. Daß das gerade in solch nördlichen Regionen kein leichtes Unterfangen ist, liegt nahe. Weil die Meeresvereisung dort jahreszeitlich deutlich wechselt, stellen sich die Forscher auf besonders komplizierte Messungen ein.

Langfristig soll das Forschungsprogramm auch Aufschluß über die Geschichte des Ozeans geben: Aus der Untersuchung von Plankton können die Wissenschaftler Erkenntnisse über spezifische Wassereigenschaften der Region ableiten. Auf diesem Wege könnte sich ein ganz neuer Ansatz für die historische Erkundung der Tiefseelandschaft finden.

Das AWI erwartet, daß die Expedition in knapp vier Wochen beendet sein wird. Im Anschluß an die Messungen auf dem Meeresgrund soll die „Polarstern“ für weitere Forschungsarbeiten vor Grönland umgerüstet werden. tin