: Berlin soll für Rundfunkgebühren klagen
■ Gutachter hält System der Gebührenverteilung für verfassungswidrig, weil es kleine Anstalten benachteiligte. SFB soll ab 2001 keine Ausgleichszahlungen mehr bekommen
Das Land Berlin sollte nach Ansicht eines Gutachters gegen die Verteilung der Rundfunkgebühren vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Den Vorschlag einer Normenkontrollklage machte der ehemalige Justitiar des Saarländischen Rundfunks, Dieter Dörr, in einem Rechtsgutachten, das gestern vom Sender Freies Berlin (SFB) vorgestellt wurde.
Die Mitglieder des Rundfunkrats diskutierten am gleichen Tag das Gutachten. Anlaß ist die geplante Abschaffung des ARD-internen Finanzausgleichs in der bisherigen Höhe von 182 Millionen Mark, durch den finanzstarke Anstalten kleinere Sender wie den SFB bislang unterstützen. Der SFB soll jedoch vom Jahr 2001 an kein Geld mehr aus dem Ausgleich erhalten. Derzeit erhält der SFB 23,5 Millionen Mark Ausgleichszahlungen und Entlastungen.
Gutachter Dörr ist heute Direktor des Instituts für Europäisches Medienrecht und Lehrstuhlinhaber für öffentliches Recht an der Universität Mainz. Er hält das gegenwärtig praktizierte System der Gebührenverteilung für verfassungswidrig. Das Land Berlin sollte mit einer sogenannten Normenkontrollklage vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.
Das bisherige Gebührensystem führt, so Dörr unter Hinweis auf mehrere seiner Gutachten, zu einer Benachteiligung der kleineren ARD-Anstalten wie des SFB. Nach dem seit Jahren gültigen Verfahren melden sie wie auch die größeren ARD-Anstalten ihren Finanzbedarf als Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands (ARD) gemeinsam bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (KEF) an. Das unabhängige Expertengremium überprüft diese wie auch die ZDF-Anmeldungen nach bestimmten Kriterien und spricht für die Festsetzung der Rundfunkgebühren durch die Ministerpräsidenten eine Empfehlung aus.
Das so bewilligte Geld werde aber innerhalb der ARD nicht nach den Bedarfsanmeldungen, sondern nach der Zahl der Gebührenzahler des jeweiligen Senders verteilt. Die Differenz zwischen den von der KEF anerkannten Beträgen und den tatsächlich innerhalb der ARD verteilten führt laut Dörr zu einer „Unterfinanzierung in Millionenhöhe“ von Anstalten mit wenigen Gebührenzahlern wie in Berlin. Das widerspreche dem vom Bundesverfassungsgericht mehrfach bekräftigten Grundsatz, daß der Gesetzgeber den Anstalten die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen hat. dpa/ADN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen